Es gibt viele Faktoren, die zu männlicher Unfruchtbarkeit führen. Laut diverser Studien könnte Varikozele, eine gutartige Erkrankung der Hoden, die bei etwa 15 bis 20 Prozent der männlichen Bevölkerung beobachtet wird, einer davon sein.
Was versteht man unter Varikozele?
Unter Varikozele versteht man eine Schwellung im Hodensack, die durch ein Venengeflecht um den Hoden ausgelöst wird. Für gewöhnlich tritt sie in der Pubertät oder kurz davor auf, in den meisten Fällen auf der linken Seite. Sie entsteht vor allem dadurch, dass der Blutfluss zur linken Nierenvene gestört ist. Das Resultat ist oft eine Schwächung der Venenklappen, wodurch der Druck erhöht wird, was wiederum zu Aussackungen im Venenkomplex führt. Eine Varikozele verläuft häufig beschwerdefrei, es können sich jedoch auch dumpfe oder ziehende Schmerzen zeigen. Die Art der Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad (reicht von Grad 1 bis 3) und den Beschwerden. Verschiedene Methoden stehen hierbei zur Verfügung: Darunter Verödung, ein Verschluss oder operative Verfahren. (z.B. Abbinden der Krampfader).
Varikozele und ihr Einfluss auf die Fruchtbarkeit
Bei Männern, die unter primärer Unfruchtbarkeit leiden, liegt in ca. 35 Prozent der Fälle eine Varikozele vor; bei jenen, die von sekundärer Unfruchtbarkeit betroffen sind, kommt die Erkrankung in etwa 75 bis 81 Prozent der Fälle vor. Allerdings muss auch festgehalten werden, dass bei 15 Prozent der allgemeinen männlichen Bevölkerung eine Varikozele die Fertilität nicht beeinträchtigt.
Auf welche Arten kann sich eine Varikozele auf die männliche Fertilität auswirken
Jener Mechanismus, durch den eine Varikozele die Fruchtbarkeit der Hoden beeinträchtigen kann, ist noch nicht ganz geklärt. Richtig ist jedoch, dass die Temperatur des Skrotums für gewöhnlich mehrere Grad kühler ist als die normale Körpertemperatur. Dies ist für eine normale Spermienproduktion und Hodenfunktion wichtig. Die Differenz in der Körpertemperatur wird sorgfältig von der normalen Anatomie des Hodensacks aufrechterhalten. Die erweiterten Venen in einer Varikozele können negativen Einfluss auf den natürlichen Kühlmenchanismus haben, dadurch wird seine Funktionsfähigkeit reduziert. Die Hoden überhitzen und sind nicht mehr so funktionstüchtig.
Folgende Auswirkungen können sich zeigen:
- Geringe Spermienanzahl und Spermienqualität
- Niedrige Testosteronspiegel (hat Einfluss auf die reproduktive Funktion)
- DNA Schäden der Spermien
Es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Männer mit Varikozele mehr geschädigte Spermien aufweisen als jene, die nicht darunter leiden. Eine Entzündung der Hoden, geschwollene Venen im Hodensack und abnormal entwickelte Testikel können zu abnormen Spermien führen.
Zusammenhang zwischen Varikozele und Spermienqualität
Einige Studien haben eine signifikante Korrelation zwischen Varikozele und einer schlechteren Samenqualität gefunden. Eine Studie der WHO aus dem Jahr 1992, die 934 Männer aus 34 Städten in 24 Ländern untersuchte, zeigte etwa ein reduziertes Hodenvolumen und eine niedrige Spermienanzahl bei Männern mit Varikozele. Im Hinblick auf die Motilität und Morphologie der Spermien gab es jedoch keine Unterschiede. Eine andere Studie wiederum, die an 40 Männern durchgeführt wurde, fand dass alle Spermienparameter erheblich reduziert waren.
Eine größere Studie untersuchte 7035 gesunde junge Männer aus sechs europäischen Ländern von 1996 bis 2000. 1105 (15,7 Prozent) wiesen eine Varikozele Grad 1-3 auf. Ein erhöhter Grad an Varikozele wurde mit einer niedrigeren Spermaqualität assoziiert, sogar schon bei Grad 1. Bei Männern, die bereits unter Grad 3 litten, war die Spermakonzentration um mehr als die Hälfte reduziert im Vergleich zu jenen, die gesund waren. Die Präsenz von Varikozele wurde zudem mit höheren Spiegel an luteinisierendem Hormon und höheren Spiegeln an follikelstimulierendem Hormon in Verbindung gebracht. Insgesamt konnte die Studie belegen, dass das Vorkommen und der steigende Grad einer Varikozele in negativem Zusammenhang mit der Samenqualität und mit reproduktiven Hormonspiegeln bei jungen Männern stehen und dass sich eine schlechte Spermienqualität bereits bei Männern zeigte, die nur den geringsten Grad einer Varikozele aufwiesen.
Operative Maßnahmen und ihr Einfluss auf die Spermienqualität
Es existieren kontroverse Studien dahingehend, ob eine operative Behebung der Varikozele zu einer Verbesserung der Spermienanzahl- und qualität führt. Einige schlussfolgern, dass durch eine operative Behebung ein Spektrum von Auswirkungen, die zu einer beeinträchtigten Fertilität beitragen, umgekehrt werden können.
Eine Studie aus dem Jahr 1998, die 139 Männern mit Varikozele analysierte, zeigte etwa, dass die Spermienanzahl und progressive Motilität nach Abbinden der Hodenkrampfader signifikant verbessert werden konnte.
Eine weitere Studie untersuchte 19 Jugendliche, die sich einer linkseitigen Varikozele-Operation unterzogen. Diese wurden im Erwachsenenalter weiter verfolgt. Dabei wurde ihr Samen analysiert und mit jenem von gesunden sowie von nicht operierten Männern verglichen. Das Ergebnis war, dass Spermienmotilität und -morphologie signifikant erhöht waren gegenüber den nicht operierten Männern, vergleichbar mit jenen der gesunden. Andere Studien hingegen konnten keine Verbesserung der Spermienparameter bei Patienten mit Varikozele nach einer OP identifizieren.
Um noch genauer festzustellen, inwieweit eine Varikozele die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigt und wie sich operative Maßnahmen auf die Fertilität auswirken, müssen in Zukunft mehr kontrollierte Studien durchgeführt werden, um aussagekräftigere Resultate zu erhalten.
Trotzdem empfehlen viele Ärzte die OP, da sie nur geringe Risiken birgt und der Patient sich schnell davon erholt. Bevor entsprechende Maßnahmen getroffen werden, sollte in jedem Fall sowohl ein Urologe als auch ein Fruchtbarkeitsspezialist zur Rate gezogen werden. Ob die Operation erfolgversprechend ist, hängt auch stark davon ab, in welchem Ausmaß abnorme Spermien vorhanden sind sowie von weiteren Faktoren. Männer mit extrem schlechter Spermaqualität müssen höchstwahrscheinlich auf andere Methoden wie eine IVF oder ICSI zurückgreifen, um den Kinderwunsch zu realisieren.