Fruchtbarkeitsbehandlungen werden immer häufiger in Anspruch genommen, sie verhelfen vielen Paaren zum ersehnten Wunschkind. Doch welche neuen Verfahren gibt es derzeit? Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die neuesten Entwicklungen in der Fruchtbarkeitsmedizin – was gerade erforscht wird, was auf dem Weg in klinische Anwendung ist, und wo ethische Fragen wichtig sind.
Was ist neu bei Fruchtbarkeitsbehandlungen ?
1. Eizellen aus Hautzellen („In‑Vitro‑Gameten“)
Forscher am Oregon Health and Science University haben menschliche Eizellen aus Hautzellen erzeugt, in dem sie den Zellkern einer Hautzelle in eine Eizelle ohne eigenen Zellkern übertrugen („Nucleus Transfer“).
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Vorteil: könnte helfen bei Frauen, deren Eizellreserve erschöpft ist oder die durch Krankheit (z. B. Chemotherapie) geschädigt sind.
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Hürde: aktuell sehr ineffizient; viele erzeugte Eizellen zeigen chromosomale Auffälligkeiten, und es wurden nur wenige Embryonen bis etwa Tag 6 weiterentwickelt. Sicherheit und Stabilität müssen wesentlich verbessert werden.
2. Verbesserte Implantation durch neue Medikamente
Ein neues Medikament namens OXO‑001 zeigte in einer Studie eine Verbesserung der Implantationsrate bei IVF‑Behandlungen, was zu etwa 7 % mehr Lebendgeburten geführt hat.
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Es zielt darauf ab, die Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für das Embryo zu machen.
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Wichtig: noch nicht breit verfügbar; Langzeitfolgen & Sicherheit sind weiterhin Gegenstand der Forschung.
3. Künstliche Intelligenz und personalisierte Protokolle
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ILETIA: Ein KI‑basiertes Modell, das den optimalen Zeitpunkt zwischen Hormonauslösung („Trigger“) und Eizellentnahme bei einem bestimmten Stimulationsprotokoll vorhersagt. Ziel: mehr reife Eizellen und bessere Erfolgsraten.
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Allgemein: KI wird verstärkt eingesetzt bei der Embryoauswahl (z. B. über Zeitraffer‑Bildgebung), bei Vorhersagen über den Therapieerfolg und bei personalisierten Stimulationsplänen.
4. Implantation & uterine Umgebung
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Forscher haben Prostaglandinrezeptoren (DP und EP4) identifiziert, die eine wichtige Rolle bei der Bildung von Decidualgewebe spielen – dem Gewebe, das sich in der Gebärmutter bildet und für die Einnistung des Embryos essenziell ist. Durch gezielte Aktivierung dieser Rezeptoren könnte man Implantationsprobleme therapeutisch verbessern
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Schmerzmittel wie Piroxicam wurden in Einzelfallstudien erprobt, um nach Intrauteriner Insemination (IUI) die Schwangerschaftsrate zu verbessern – vermutlich durch Verminderung uteriner Kontraktionen.
5. Gentests und non‑invasive Diagnostik
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niPGT (non‑invasive Preimplantation Genetic Testing): Dabei wird genetisches Material, das von Embryonen in das Kultivierungsmedium abgegeben wird, analysiert, ohne dass eine Biopsie erforderlich ist. Das senkt potenzielle Risiken.
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Untersuchungen zu microRNAs und anderen kleinen RNA‑Molekülen geben neue Einblicke, wie sich Embryonen in den ersten Tagen entwickeln, was helfen kann, Implantationsfehler zu verstehen. ScienceDaily
6. Kryokonservierung und Fruchtbarkeitsvorsorge
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Die Kryokonservierung von Eizellen, Embryonen und Eierstockgewebe wird immer effizienter. Moderne Methoden wie Vitrifikation bringen hohe Überlebensraten der Zellen nach dem Auftauen.
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Auch das Einfrieren von Eierstockgewebe wird weiter erforscht – besonders wichtig für Krebsüberlebende.
Herausforderungen und offene Fragen
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Sicherheit & Langzeitdaten: Viele der neuen Technologien sind noch im Tiermodell oder in frühen klinischen Stadien. Ob sich Schäden oder Nebenwirkungen erst später zeigen (z. B. chromosomale Anomalien, Langzeitgesundheit der Nachkommen) ist oft noch unklar.
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Ethik: Vor allem bei Methoden wie Eizellen aus Hautzellen, oder bei Mutterschaft durch Zellkernübertragungen, greifen ethische Fragen deutlich – z. B. Identität, Elternschaft, Risiko für die Nachkommen usw.
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Regulierung & Zulassung: Von Land zu Land sehr verschieden. Nicht alle neuen Therapien werden schnell oder überhaupt reguliert zugelassen.
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Kosten & Zugänglichkeit: Neue Verfahren sind oft teuer und technisch aufwendig. Es besteht die Gefahr, dass nur bestimmte Gruppen Zugang haben. Auch Versicherungen decken nicht alle Leistungen ab.
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Wissenschaftliche Evidenz: Viele „Add-ons“ (zusätzliche Verfahren) beim IVF werden schon angeboten, obwohl die Datenlage nicht robust ist. Es besteht Bedarf an großen, randomisierten Studien. Manche Institutionen prüfen derzeit, wie sinnvoll und sicher diese Zusatzmaßnahmen sind.
Ausblick
Es ist zu erwarten, dass Verfahren, die heute noch experimentell sind, in den nächsten 5‑10 Jahren reifen und vielleicht klinisch verfügbar werden – z. B. In‑Vitro‑Gameten, bessere Implantationsmedikamente, sicherere niPGT. Digitalisierung und datengetriebene Medizin werden weiter an Bedeutung gewinnen: bessere Vorhersagemodelle, Telemedizin, automatisierte Laborabläufe. Auch Fruchtbarkeitsvorsorge (z. B. Aufklärung, frühere Diagnostik, konservierende Techniken) wird stärker in den Fokus rücken.