Wenn Sie sich ein wenig mit der Welt des Radfahrens vertraut gemacht haben, werden Sie sicherlich schon davon gehört haben, dass die regelmäßige Benützung des Drahtesels bei Männern Fruchtbarkeitsprobleme verursachen soll.
Da Radfahren eine großartige Sportart ist, um körperlich fit zu bleiben, werden wir nun genauer untersuchen, welche Auswirkungen diese Form der Betätigung auf die männliche Fertilität haben könnte.
Wodurch entstehen Fruchtbarkeitsprobleme bei Männern?
Unfruchtbarkeit hängt hauptsächlich mit einer geringen Spermienanzahl und der Form und Größe der einzelnen Spermien zusammen. Die Reise bis zur Eizelle ist sehr beschwerlich und verläuft für die meisten Spermien tödlich. Ein Spermium muss also so überlebensfähig wie möglich sein, um ans Ziel zu gelangen. Für gewöhnlich befinden sich in einem Milliliter Spermienflüssigkeit rund 20 Millionen Spermien. Davon sollten mindestens 30 Prozent eine normale Form aufweisen und mehr als die Hälfte eine gute Beweglichkeit besitzen, andernfalls ist der Mann kaum fähig, Nachwuchs zu zeugen.
Welche Auswirkungen könnte Radfahren auf die Gesundheit der Spermien haben?
Fast alle Studien, die mit Radfahrern durchgeführt wurden, waren sehr klein und untersuchten Profisportler, die eine sehr hohe Kilometerzahl pro Woche zurücklegten.
Demgegenüber gibt es nur wenige Daten in Bezug auf Radsportler, die noch nicht im Bereich des Profisports angelangt sind und noch weniger Studien über Freizeitradler, die nur ein paar Stunden pro Woche fahren oder das Fahrrad für den Weg zur Arbeit nutzen.
Studien nicht eindeutig
Die umfassendste und am meisten relevante Studie wurde von einer Klinik in der Nähe von Boston durchgeführt und verfolgte 2.261 Männer aus allen Bereichen des Lebens, also nicht nur Profisportler, über einen Zeitraum von 10 Jahren. Dabei wurden mehr als 4.500 Spermienproben auf Spermienanzahl, allgemeine Morphologie und Beweglichkeit untersucht.
Die Ergebnisse zeigten, dass Männer, die mehr als fünf Stunden pro Woche radelten, tatsächlich eine geringere Spermienanzahl aufwiesen als jene, die ihre Zeit entweder sitzend oder mit anderen Sportarten verbrachten.
Es konnte jedoch keine eindeutige Verbindung zwischen Radfahren und Unfruchtbarkeit hergestellt werden.
In einer anderen Studie (“Cycling for Health”) aus Großbritannien wurden 5282 männliche Radfahrer im Zweiteraum zwischen 2012 und 2013 Befragungen unterzogen. So mussten sie etwa Angaben darüber machen, ob sie unter Potenschwierigkeiten litten, Fruchtbarkeitsprobleme hatten oder eine erektile Dysfunktion aufwiesen. Zudem wurde ihr wöchentliches Radpensum erhoben. Auch Faktoren wie Gewicht, Alter, Alkoholkonsum und etwaige Erkrankungen wie Herzinfarkte, Diabetes und Krebserkrankungen wurden angegeben. Die Männer wurden in vier Gruppen eingeteilt: Teilnehmer, die weniger als 3,75 Stunden pro Woche radelten, jene, die 3,76 bis 5,75 Stunden mit dem Fahrrad fuhren, Radler mit einem Pensum von 5,76 bis 8,5 Stunden sowie alle, die noch mehr Zeit auf dem Drahtesel verbrachten.
Das Resultat: Auch bei jenen Männern, die diesen Sport exzessiv betrieben, konnten die Wissenschaftler keinen Zusammenhang mit eriktiler Dysfunktion und Infertiliät herstellen.
Möglicher Zusammenhang zwischen Radfahren und einer geringen Spermienanzahl
Auch wenn kein abschließender und unwiderlegbarer Beweis dafür gefunden wurde, dass Radfahren unfruchtbar macht, so gibt es doch einen starken Zusammenhang zwischen Unfruchtbarkeit und einer geringen Spermienanzahl und der Tatsache, dass sich die Spermienanzahl bei einer Radfahrzeit von mehr als fünf Stunden pro Tag reduzieren kann.
Nachstehend ein paar Faktoren, die bei Radfahrern eine geringere Spermienanzahl verursachen könnten:
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Gesamtdistanz
– Obwohl die Ergebnisse noch nicht beweiskräftig sind, scheint es eine direkte Verbindung zwischen der auf dem Sattel verbrachten Zeit und der Spermienanzahl zu geben. So haben längere Fahrten die Spermienanzahl um bis zu 70% reduziert. Radfahrer, die regelmäßig um die 300 km fahren, tragen das größte Risiko.
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Sattelart
– Der traditionelle Sattel könnte ein Teil des Problems sein. Radfahrer, die einen Sattel mit tiefer Rille in der Mitte nutzen, verspüren einen sehr viel geringeren Druck auf den Damm. Dies kann einen Einfluss auf die reproduktive Gesundheit haben.
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Geländeart
– Auch die Art des befahrenen Geländes kann eine Rolle spielen. Nicht nur Radfahrer, die regelmäßig sehr lange Distanzen zurücklegen, sind Problemkandidaten, sondern auch jene, die über grobes und holpriges Gelände fahren, da sich dadurch die Spermienanzahl verringern kann.
Sollten Sie nun weiter Radfahren oder lieber nicht?
Die Forschung auf diesem Gebiet ist noch nicht ausreichend, um zu der eindeutigen Schlussfolgerung zu gelangen, dass Radfahren der reproduktiven Gesundheit des Mannes schadet; bisherige Untersuchungen konzentrierten sich verstärkt auf Profisportler und Triathleten.
Die einzige aussagekräftige Verbindung wurde in Bezug auf die Spermienanzahl nachgewiesen. Obwohl diese einen wichtigen Faktor für die männliche Fortpflanzungsfähigkeit darstellt, konnte dadurch nicht eindeutig belegt werden, dass Radfahren zu Unfruchtbarkeit führt.
Solange keine klaren Beweise für die direkte Verbindung zwischen Radfahren und männlichen Fruchtbarkeitsproblemen gefunden werden, kann diese Sportart weiterhin bedenkenlos ausgeübt werden, sofern sie nicht zu exzessiv betrieben wird.