Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Paar Probleme hat, schwanger zu werden. Eine neue Studie legt nahe, dass mehr Sex Ihre Chancen auf eine Befruchtung erhöhen kann. Die kürzlich auf der Konferenz der Europäischen Gesellschaft für menschliche Fortpflanzung und Embryologie vorgestellte Studie zeigt erstaunliche Erfolgsraten, die zu Lösungen für Paare führen könnten, die Fruchtbarkeitsprobleme haben. Ein Forscherteam fand heraus, dass Spermien, die aus einer zweiten Ejakulation innerhalb einer Stunde nach der ersten Ejakulation stammen, mehr als dreimal so hohe Chancen auf eine Empfängnis haben.
Die Studie
Forscher aus dem North Middlesex Krankenhaus haben 2014 ein Experiment durchgeführt, an dem sich 73 empfängniswillige Paare beteiligten. Für die Studie benutzen die Ärzte eine Intrauterine Insemination (IUI) als Verfahren. Dabei werden Spermienproben entnommen und durch einen Katheter direkt in den Uterus der Frau eingesetzt. Diese Methode ist deutlich näher an einer “natürlichen” Empfängnis als andere Verfahren, wie zum Beispiel die beliebte In-vitro-Fertilisation (IVF), bei der Spermien und Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers zusammengeführt werden und der Embryo später wieder in den Uterus der Frau eingepflanzt wird. Die Männer in diesem Experiment gaben zwei Spermienproben ab, wobei die zweite Probe innerhalb einer Stunde nach der ersten Ejakulation erzeugt wurde. Forscher fanden heraus, dass die Schwangerschaftsrate dreimal so hoch war, wenn die zweite Probe verwendet wurde; die Erfolgsraten stiegen von 6 auf 21% beim ersten Versuch. 15 Frauen, die an der Studie teilnahmen, wurden im ersten Versuch mit IUI schwanger, 10 weitere Frauen beim zweiten Versuch im darauffolgenden Monat. Die Ergebnisse zeigen eine Gesamterfolgsrate von 34%.
Die Vorbehalte
Obwohl die Ergebnisse dieser Studie Mut machen, gibt es zwei Vorbehalte, die bedacht werden sollten. Zum einen hatten die Männer, die an der Studie teilnahmen, unterdurchschnittliches Sperma, was bei der zweiten Probe besser ausfiel als bei der ersten. Es ist bislang noch keine Studie durchgeführt worden, um zu prüfen, ob diese Verbesserung auch bei Männern mit normaler Spermaqualität eintritt. Zum anderen nahmen die Frauen, die an der Studie beteiligt waren, fruchtbarkeitsfördernde Medikamente ein. Vor der Studie wurden die Frauen vom Medikament Clomid (Clomiphencitrat) auf das Humane Menopausengonadotropin (hMG) umgestellt. Diese Änderung allein ist unabhängig von der Qualität des verwendeten Spermas dafür bekannt, dass es die Fruchtbarkeit verbessert.
Erhöhte Fruchtbarkeit durch mehr Sex?
Bedeutet das nun, dass mehr Sex die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöht? Es mag zu früh sein, um diese Schlussfolgerung zu ziehen. Die Ärzte, die an der Studie beteiligt waren, räumen ein, dass die Testgruppe sehr klein war und bestimmte Vorbedingungen erfüllte, wie eben das unterdurchschnittliche Sperma und die Einnahme von Fruchtbarkeitsmedikamenten durch die Frau. Dennoch machen die Erfolgsergebnisse Hoffnung.
Dr. Galum Bahadur ist zuversichtlich, dass die Studie auch für eine natürliche Empfängnis Bedeutung hat. „Es besteht Grund zu der Annahme, dass derselbe Effekt auch bei Männern auftritt, die auf natürlichem Weg ein Kind zeugen wollen“, so der Arzt. Die Studie scheint außerdem die lang gehegte Vorstellung zu zerstreuen, dass Männer sparsam mit ihrem Sperma umgehen sollten, da es dann zeugungsfähiger sein könnte und dass Sex nur an den fruchtbaren Tagen der Frau praktiziert werden sollte. Diese Studie legt so ziemlich das Gegenteil nahe und zeigt, dass frischere Spermien die Chancen auf eine Empfängnis steigern können.
Aber am meisten macht sie jenen Paaren Hoffnung, die versuchen, auf künstlichem Weg ein Kind zu zeugen. Bei einer gesteigerten Erfolgsrate von 21% im ersten Versuch kann eine IUI potentiell genauso erfolgreich sein wie die beliebte IVF-Behandlung, die eine Erfolgsrate zwischen 10 und 50% aufweist. IUI ist einer natürlichen Empfängnis ähnlicher und kostet nur rund ein Zehntel.