Die Fruchtbarkeit des Mannes ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener körperlicher, hormoneller und umweltbedingter Faktoren. Störungen in einem oder mehreren dieser Bereiche können dazu führen, dass die Spermienproduktion, -qualität oder -funktion beeinträchtigt wird. In Deutschland ist etwa jedes sechste Paar ungewollt kinderlos – in bis zu 50 % der Fälle liegt die Ursache (mit) beim Mann. Doch welche konkreten Einflüsse und Erkrankungen können die männliche Zeugungsfähigkeit einschränken?
1. Hormonelle Störungen
Die Bildung von Spermien wird durch ein fein abgestimmtes hormonelles Gleichgewicht reguliert – insbesondere durch das Zusammenspiel von:
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Luteinisierendes Hormon (LH)
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Follikelstimulierendes Hormon (FSH)
Erkrankungen, die dieses Gleichgewicht stören, wie z. B. das hypogonadotrope Hypogonadismus-Syndrom, können die Spermatogenese erheblich beeinträchtigen.
2. Anatomische Veränderungen
Strukturelle Veränderungen oder Fehlbildungen der Geschlechtsorgane können die Fruchtbarkeit einschränken:
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Varikozele (Krampfader am Hoden): Die häufigste anatomische Ursache für männliche Infertilität. Sie kann die Hodenfunktion durch Temperaturerhöhung oder oxidativen Stress stören.
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Hodenhochstand (Kryptorchismus): Führt unbehandelt häufig zu verminderter Spermienqualität.
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Verengungen oder Verschlüsse der Samenleiter – etwa durch Infektionen oder Operationen – verhindern den Transport der Spermien.
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Hypospadie: Eine Fehlbildung der Harnröhre, die die Ejakulation und somit die natürliche Zeugung beeinträchtigen kann.
3. Infektionen
Bestimmte Infektionen können die männlichen Geschlechtsorgane direkt schädigen:
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Mumps-Orchitis (Hodenentzündung nach Mumps)
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Chlamydien oder Gonorrhoe: Können zu Vernarbungen oder Verstopfungen der Samenwege führen.
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Prostatitis oder Epididymitis (Nebenhodenentzündung): Akut oder chronisch können sie die Spermienproduktion negativ beeinflussen.
4. Genetische Ursachen
Genetische Störungen können die Fruchtbarkeit stark beeinträchtigen:
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Klinefelter-Syndrom (47,XXY): Führt oft zu stark reduzierter oder fehlender Spermienproduktion.
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Mikrodeletionen des Y-Chromosoms: Kleine fehlende Abschnitte auf dem Y-Chromosom können die Spermienproduktion verhindern.
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Zystische Fibrose (Mukoviszidose): Führt bei Männern häufig zu fehlenden Samenleitern.
5. Lebensstil und Umweltfaktoren
Auch äußere Einflüsse können die Spermienqualität verringern:
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Rauchen, Alkohol und Drogenkonsum: Schädigen die Hodenfunktion und die DNA der Spermien.
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Mangel an wichtigen Mikronährstoffen
Spermien brauchen bestimmte Vitamine und Mineralien für ihre Entwicklung:-
Zink, Selen, Vitamin C, Vitamin E, Folsäure, Omega-3-Fettsäuren
→ Mangel kann zu deformierten oder unbeweglichen Spermien führen.
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Übergewicht: Führt zu hormonellen Veränderungen, insbesondere zu einem Überschuss an Östrogen.
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Hitzebelastung (z. B. durch Sauna, heiße Bäder, enge Kleidung): Eine dauerhaft erhöhte Hodentemperatur beeinträchtigt die Spermienproduktion.
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Umweltgifte und Schadstoffe: Pestizide, Schwermetalle (z. B. Blei), Lösungsmittel oder Weichmacher (wie BPA) wirken sich negativ auf die Fruchtbarkeit aus.
6. Medikamente und medizinische Behandlungen
Einige Medikamente können als Nebenwirkung die Fruchtbarkeit beeinflussen:
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Chemotherapie und Bestrahlung: Können die Spermienproduktion dauerhaft schädigen.
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Anabolika (z. B. Testosteronpräparate im Bodybuilding): Unterdrücken die körpereigene Hormonproduktion und können zur Azoospermie (fehlende Spermien) führen.
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Antidepressiva, Blutdrucksenker oder Hormonpräparate: Einige davon können die Libido, Ejakulation oder Hormonbalance beeinflussen.
7. Alter
Anders als bei Frauen ist die Zeugungsfähigkeit beim Mann zwar länger erhalten, doch nimmt auch beim Mann mit steigendem Alter die Fruchtbarkeit ab. Ab etwa 40 Jahren sinken:
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die Spermienqualität (Motilität, Morphologie)
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die Hormonproduktion
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die DNA-Integrität der Spermien
Das kann nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft verringern, sondern auch das Risiko für Fehlgeburten und genetische Auffälligkeiten beim Kind leicht erhöhen.
Fazit
Die männliche Fruchtbarkeit wird durch ein sensibles Zusammenspiel von inneren und äußeren Faktoren beeinflusst. Neben genetischen und anatomischen Ursachen spielen Lebensstil, Umwelteinflüsse und hormonelle Balance eine entscheidende Rolle. Bei unerfülltem Kinderwunsch sollte daher frühzeitig eine umfassende Diagnostik beim Urologen oder Andrologen erfolgen – denn viele Ursachen lassen sich behandeln oder durch einen veränderten Lebensstil positiv beeinflussen.