Gastautorin: Carly Dulabon
Ich heiße Carly. bin 30 Jahre alt und seit zweieinhalb Jahren verheiratet. Mein Mann ist 33 und ich bin überzeugt, dass er der wunderbarste Mann der Welt ist. Er ist klug, lustig, liebevoll, fürsorglich und sieht auch noch verdammt gut aus. Unser gemeinsames Leben ist perfekt, bis auf eine Sache: Wir kämpfen seit rund anderthalb Jahren mit einem unerfüllten Kinderwunsch. Und was könnte noch schlimmer sein? – Ich bin Kinderärztin.
Jeden Tag sehe ich Babys, Familien und werdende Mütter, denen ich zu ihrer Schwangerschaft gratuliere, während ich mir meine eigenen Kinder herbei wünsche.
Dies ist unsere Unfruchtbarkeitsgeschichte:
Ein Jahr nach unserer Hochzeit beschlossen wir, eine Familie zu gründen. Ich hatte eine Spirale, das mir im Juni 2017 entfernt wurde. Danach hatte ich mehrere Monate lang keine Periode, weswegen jeder Versuch, meinen Eisprung zu verfolgen, vereitelt wurde. Mehrere Monate später bin ich zu einem Arzt gegangen, der mir Clomid verschrieb, um den Eisprung auszulösen. Also habe ich für einen Zyklus Clomid eingenommen, hatte jedoch keinen Eisprung und auch immer noch keine Periode. Ein paar Monate später habe ich einen weiteren Zyklus gestartet, und mein Arzt beschloss, gleichzeitig einige Blutwerte zu überprüfen, die zeigten, dass all meine Hormonspiegel niedrig waren. So niedrig, dass sie praktisch nicht existierten. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich zu einem Fertilitätsspezialisten geschickt (reproduktive Endokrinologie und Unfruchtbarkeit).
Im Februar 2018 wurde ich beim Spezialisten vorstellig, der eine hypothalamische Amenorrhoe diagnostizierte, und mir Hormonspritzen empfahl. Stattdessen recherchierte ich selbst und stellte fest, dass jahrelange schwere Unterernährung und übermäßiges Training wahrscheinlich zu meiner Diagnose geführt hatten, und nahm die Angelegenheit selbst in die Hand. Ich habe versucht, was keine Frau versuchen möchte – ich habe absichtlich zugenommen, 10 Pfund, um genau zu sein, was für meine Größe (1,50 m) eine ganze Menge ist. Das brauchte Zeit und Geduld. Ich habe meinen Sport von fünf bis sechs Stunden die Woche völlig heruntergeschraubt ,und bin nur noch spazieren gegangen und habe Yoga gemacht. Gleichzeitig habe ich meine Kalorienzufuhr verdoppelt, was wirklich schwer war, auch wenn es sehr einfach klingt. Es war nicht leicht, meinen Körper so drastisch zu verändern, aber ich sagte mir immer wieder, dass es sich lohnen würde. Ein paar Monate später, im Mai 2018, bekam ich meine Periode. Meine erste echte Periode seit der Entfernung der Spirale, obwohl ich in der Zeit, in der ich sie in mir trug, keine wirkliche Menstruation hatte. Ich habe meinen Spezialisten angerufen, und einen weiteren Zyklus mit Clomid gestartet. Und ZACK: 4 Wochen später hielt ich meinen ersten positiven Schwangerschaftstest in der Hand.
Wir waren so aufgeregt. Wir haben geweint vor Glück. Ein Jahr voller Schwierigkeiten und vieler Veränderungen in meinem Lebensstil hatte sich ausgezahlt. Wir hatten zwei Ultraschalluntersuchungen (eine nach 5 Wochen und eine in der 6. Woche, bei der ein Herzschlag zu sehen war).
Am 7. August endete unser Glück. Ich ging zu einem Routine-Ultraschall und fand heraus, dass ich eine Fehlgeburt gehabt hatte. Genauer gesagt, eine verhaltene Fehlgeburt. Ich hatte keine Blutung, keine Symptome, keine Krämpfe. Nichts. Aber mein Ultraschall zeigte einen 6-wöchigen Fötus ohne Herzschlag. Wir waren am Boden zerstört. Ich habe Medikamente bekommen, um eine Fehlgeburt herbeizuführen, und hatte diese dann zuhause, mit meinem Mann und meiner Mutter zur Unterstützung an meiner Seite.
Das war vor fast fünf Monaten. Wir haben immer noch damit zu kämpfen. Meine HCG-Werte sind IMMER NOCH nicht auf Null gefallen. Nach all dem Warten auf die Schwangerschaft und dem Verlust unseres Babys, müssen wir nun auch noch warten, bis wir es noch einmal versuchen können. Diese Monate fühlten sich wie verlorene Zeit an. So als würden wir hier sitzen, und Däumchen drehen und darauf warten, dass mein Körper wieder klarkommt, damit wir es erneut versuchen können.
Was es noch schwieriger macht, und unsere Geschichte vielleicht von anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass ich Kinderärztin bin, und so eng mit Neugeborenen und Kleinkindern arbeite. Diese Erfahrung hat mich wirklich dazu gebracht, wertzuschätzen, was Menschen durchmachen, um eine Familie zu gründen. Aber ich muss auch sagen, dass das Arbeiten in diesem Umfeld mich ständig daran erinnert, was ich nicht habe, und was ich mir so sehr wünsche. Und manchmal kann es schwierig sein, nicht eifersüchtig zu werden. Mein Bruder und seine Frau haben letzte Woche ein Baby bekommen. Wir waren gleichzeitig schwanger, und hatten uns so darauf gefreut, unsere Kinder nur wenige Monate voneinander entfernt zu bekommen. Es war schwer, meine Nichte zu lieben, und mich auf ihre Ankunft zu freuen, ohne von Eifersucht gequält zu werden.
Aber abgesehen von meiner Eifersucht und dem Problem, dass ich eben eine Kinderärztin bin, die mit Unfruchtbarkeit zu kämpfen hat, hat mir dies ein tieferes Verständnis dafür gegeben, was es bedeutet, eine Patientin zu sein. Ich war sehr unzufrieden mit der Betreuung meiner Ärzte, was diese Erfahrung noch schwieriger gemacht hat, als sie so schon war. Es gab mehrere Kommunikationslücken und Gleichgültigkeit gegenüber unseren Gefühlen als Paar, das ein Baby verloren hat. Es scheint, als ob Infertilität und insbesondere Fehlgeburten, für unsere Ärzte so routinemäßig sind, dass sie vergessen, was für ein unerwartetes Ereignis das für das jeweilige Paar ist.
Was ich gelernt habe:
Unser Kampf gegen die Unfruchtbarkeit ist noch lange nicht vorbei, und wir stehen vielleicht noch ganz am Anfang, aber ich hoffe, dass wir es schaffen, und irgendwann Glück haben. Und obwohl ich diese Erfahrung nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünsche, habe ich so Vieles dabei gelernt.
Ich habe gelernt, dass es in Ordnung ist, wenn es einem nicht immer gut geht. Diese Monate waren hart. Unglaublich hart. Ich habe immer gedacht, dass ich eine starke Person bin, aber ich habe gelernt, dass Unfruchtbarkeit nichts für jemandem mit weichem Herz ist. Ich war so tieftraurig, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte, und ich musste mich langsam aus dieser Trauer herausarbeiten, nur um hin und wieder doch erneut in ihr zu versinken.
Ich habe gelernt, eine bessere Kinderärztin zu sein.
Ich habe gelernt, mehr zuzuhören.
Ich habe gelernt, geduldig zu sein.
Ich habe gelernt, offen über meine Situation zu sprechen, weil es mir hilft, jeden Tag erneut zu kämpfen, wenn ich anderen meine Geschichte erzähle, und die Geschichten anderer höre. Und bis wir es wieder versuchen können, werden wir warten, und auf das Beste hoffen.
Ich denke an Sie alle, und wünsche Ihnen alles Gute.
Carly Dulabon