Die “Sperma-Radar-Technik”, die in England entwickelt wurde, misst die Gesundheit von Geschlechtszellen und männlicher Fruchtbarkeit, ohne diese Geschlechtszellen oder anderes gesundes Gewebe zu zerstören.
Diese Technik ist eine gute Nachricht für Männer mit Fertilitätsstörungen, da die untersuchten Spermien intakt und gesund genug bleiben, um für spätere Fertilitätstests herangezogen zu werden. Dabei werden angeblich die guten von den schlechten Samenzellen aussortiert. Diese Erkenntnisse wurden erst jüngst in der Zeitschrift Molecular Human Reproduction veröffentlicht.
Kernspintomographie und Spermiengesundheit
Das “Sperma-Radar” ist das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Forschung zwischen Physikern und Fertilitätsexperten der Universität Sheffield in South Yorkshire, England. Die Pioniertechnik entstand während eines interdisziplinären Spermien-Kernspintomographie(NMR)-Projekts.
NMR ist eine diagnostische Abbildungsmethode, die elektromagnetische Strahlung nutzt, um die Reinheit und Struktur einer Substanz in ihrer molekularen Ebene zu prüfen. Auf Grundlage der NMR-Technologie nutzen die Professoren der Universität Sheffield Allan Pacey und Martyn Paley eine Magnetresonanzspektroskopie (MRS).
MRS arbeitet mit starken Magneten, die wie ein Radar funktionieren. Bei der MRS hält ein Spezialscanner eine Probe und hört die Echosignale der Probe ab, nachdem er Niedrigenergie-Pulse abgibt.
Da gute und schlechte Geschlechtszellen eine unterschiedliche molekulare Zusammensetzung haben, ist auch ihr Echo unterschiedlich, wenn sie einen Niedrigenergie-Puls durch eine MRS erhalten.
Die Vorteile einer MRS
Für ihre Forschungen bereiteten die Professoren Pacey und Paley ihre Scanproben vor, indem sie sie zunächst „wuschen“. Sie benutzten eine bestimmte „Waschtechnik“, die Dichtegradientenzentrifugation genannt wird.
Diese Technik dreht eine Substanz mehrere Male in einer Zentrifuge, um die Schlüsselmoleküle von anderen zu unterscheiden, indem molekulare Hintergrundgeräusche ausgefiltert werden.
Dieser Schritt ist äußerst wichtig, da ejakulierter Samen in Samenflüssigkeit schwimmt, die eine Mischung verschiedener Moleküle enthält. Jedes Molekül gibt sein eigenes spezifisches Echo ab, wenn es einer MRS ausgesetzt wird.
Nach diesem lärmreduzierenden „Waschen“ gaben die Professoren die Samenproben von gesunden Männern in ein 3 Meter hohes Spektroskop. Hohe Beweglichkeit war das Kriterium für gesunde Zellen, sodass das Spektroskop gute Schwimmer von schlechten Schwimmern trennte.
Wissenschaftler und Ärzte nutzen eine MRS oft, um weiches Gewebe zu diagnostizieren, da die Technik lebende Zellen nicht negativ beeinflusst. Die Sicherheit der MRS hat wichtige Auswirkungen auf die Erforschung männlicher Infertilität.
Wie das „Sperma-Radar“ in einem klinischen Versuch helfen kann … oder auch nicht
Maßnahmen zur Bewertung der Spermiengesundheit reichen bis in die 1950er Jahre zurück und alle bekannten Methoden töteten lebende Proben. Das „Sperma-Radar“ steckt noch in den Kinderschuhen, seine Unschädlichkeit für lebende Zellen ist jedoch äußerst vielversprechend.
In einem hypothetischen Szenario sind Wissenschaftler möglicherweise in der Lage, jene Proben, die sie auf hohe Beweglichkeit getestet hatten, zu isolieren, um die Fertilität zu verbessern. Dies würde einem von 20 Paaren, das unter Infertilität leidet, sehr helfen.
Im Augenblick hat das „Sperma-Radar“ noch keine klinische Anwendung gefunden, da es noch sehr neu ist und es einige technische Herausforderungen zu meistern gilt. So räumen die Professoren Paley und Pacey zum Beispiel ein, dass sie trotz des „Waschens“ zum Reduzieren der Hintergrundgeräusche aus den Molekülen der Samenflüssigkeit noch nicht eindeutig den Hintergrundlärm vom Hauptlärm der Spermienzellen unterscheiden können.
Die Professoren hoffen, dass weiterführende Forschungen einen einfachen Biomarker finden, der die derzeitigen Tests verbessert oder ganz ersetzt. Das „Sperma-Radar“ hat zwei Nachteile, die noch Verbesserungen bedürfen, bevor die Methode für die Erforschung männlicher Infertilität einsetzbar wird.
MRS-Technologie ist inkompatibel mit den meisten Gefrieroptionen, die notwendig sind, um Spermienzellen zu lagern und zu transportieren. Dies reduziert die Nützlichkeit der MRS als Fertilitätstest oder Forschungsinstrument drastisch, da in jedem Fall frische Proben benötigt werden.
Das „Sperma-Radar“ zerstört möglicherweise die DNA der Samenzellen, auch wenn es die Geschlechtszellen am Leben und beweglich lässt. DNA ist das, was die Geschlechtszellen weitergeben, weshalb es unabdingbar ist, ihre Integrität nach einer MRS sicherzustellen. Die Erforschung des „Sperma-Radars“ hatte dieses Detail nicht berücksichtigt.
Dennoch sind Paley und Pacey zuversichtlich, und dies zu Recht. Sie vermuten, dass ihr „Sperma-Radar“ der Schlüssel zu einem wichtigen Samenzellen-Biomarker ist, der helfen kann, gesunde und ungesunde Geschlechtszellen zu identifizieren.