Etwa 196 Millionen Frauen weltweit leiden an Endometriose, einer Erkrankung, die Unterleibsschmerzen auslösen, und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann. Sie entsteht, wenn die Gebärmutterschleimhaut zu wuchern beginnt und auf andere Organge übergreift. Zyklusstörungen, Bauchschmerzen, Erschöpfung sowie andere Beschwerden können die Folge sein. Trotz jahrzehntelanger Forschung ist wenig über jene Faktoren bekannt, die zur Entstehung von Endometriose beitragen.
Laut neuen Forschungen gibt es Hinweise darauf, dass das Mikrobiom, eine Gemeinschaft von Mikroorganismen, die im Körper leben, bei Frauen mit Endometriose verändert ist. In dieser in der Zeitschrift Cell Death & Discovery veröffentlichten Studie entdeckten Forscher des Baylor College of Medicine, dass ein verändertes Darmmikrobiom eine entscheidende Rolle beim Fortschreiten der Endometriose-Krankheit in einem Tiermodell spielt.
Wie Darmbakterien Endometriose beschleunigen
Um die Rolle des Mikrobioms bei Endometriose zu untersuchen, haben die Forscher zunächst ein neuartiges Mausmodell der Erkrankung implementiert, bei dem sie das Mikrobiom mit Antibiotika eliminiert haben.Die Forscher fanden heraus, dass Mäuse ohne Darmmikrobiom kleinere endometriotische Läsionen aufwiesen als Mäuse mit Mikrobiom. Wenn Darmmikrobiom-freie Mäuse Darmmikrobiota von Mäusen mit Endometriose erhielten, wuchsen die Läsionen außerdem so groß wie bei Mäusen, die ihr Mikrobiom behielten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass veränderte Darmbakterien das Fortschreiten der Krankheit vorantreiben. Andererseits schien das Uterusmikrobiom den Krankheitsverlauf nicht zu beeinflussen.
Das Team entdeckte auch eine neuartige Signatur von Mikrobiom-abgeleiteten Metaboliten, von Mikroben produzierten Produkten, die im Kot von Mäusen mit Endometriose signifikant verändert waren. Kommagani und seine Kollegen unterstützten die Rolle von Mikrobiom-Metaboliten beim Fortschreiten der Krankheit und fanden heraus, dass die Behandlung von Endometriosezellen und Mäusen mit dem Metaboliten namens Chinasäure die Zellproliferation bzw. das Wachstum von Endometrioseläsionen signifikant verstärkte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bestimmte Mikrobiomgemeinschaften und/oder ihre Metaboliten zum Fortschreiten der Endometriose beitragen können, und dass die Veränderung der Zusammensetzung dieser Gemeinschaften dazu beitragen könnte, den Zustand bei menschlichen Patienten zu kontrollieren.
Die Ergebnisse deuteten auch darauf hin, dass die Untersuchung von Mikrobiom-Metaboliten in menschlichen Stuhlproben als diagnostisches Instrument verwendet werden könnte. Endometriose wird in der Regel mithilfe von Ultraschall diagnostiziert, und ein invasives Verfahren ist notwendig, um die Läsion gut zu charakterisieren. Die Wissenschaftler untersuchen, ob Mikrobiom-Metaboliten in menschlichen Stuhlproben ein nützliches diagnostisches Werkzeug sein könnten,und ob einige dieser Metaboliten auch als Behandlungsstrategie eingesetzt werden könnten. Frauen mit Endometriose neigen auch zu Darmproblemen wie Kolitis oder entzündlichem Darmsyndrom.
Frauen mit PCOS haben weniger vielfältiges Darmmikrobiom
Andere Forschungen legen die Bedeutung von Darmmikroben bei PCOS-Symptomen nahe. Laut einer Studie mit Mäusen verbesserten sich die Symptome des polyzystischen Ovarialsyndroms durch die Exposition gegenüber gesunden Darmbakterien. Diese Studie, die von Varykina Thackray, Ph.D., von der University of California San Diego School of Medicine in La Jolla geleitet wurde, baut auf neueren Forschungsergebnissen derselben Forscher auf, die zeigen, dass das menschliche Darmmikrobiom oder die Zusammensetzung der Darmbakterien bei Frauen mit PCOS weniger vielfältig ist.
PCOS betrifft etwa 10 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter, die genauen Ursachen sind immer noch nicht vollständig geklärt. Es gibt keine Heilung, aber die Symptome können mit Medikamenten, Ernährungsumstellung und Bewegung verbessert werden. Zu den Anzeichen der Störung gehören Zysten in den Eierstöcken, höhere Testosteronspiegel, übermäßige Körperbehaarung, unregelmäßige oder ausbleibende Menstruation und manchmal Gewichtszunahme und Insulinresistenz. Mögliche langfristige gesundheitliche Folgen sind Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, Schwangerschaftskomplikationen, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Depressionen.
Thackray und ihr Forschungsteam induzierten PCOS bei weiblichen Mäusen, die sich in der Pubertät befanden, indem sie ihnen Letrozol, einen Aromatasehemmer, verabreichten. Durch die Blockierung der Umwandlung von Testosteron in Östrogen führt dieses Medikament zu erhöhten Testosteronspiegeln, und bei Mäusen auch zu anderen Kennzeichen von PCOS. Eine andere Kontrollgruppe von Mäusen erhielt in dieser Studie, die vom National Institute of Child Health and Human Development finanziert wurde, eine Behandlung mit einem Placebo. Fünf Wochen lang hielten die Forscher zwei Mäuse pro Käfig in drei verschiedenen Haltungsformen: PCOS-Mäuse zusammen, mit Placebo behandelte Mäuse zusammen, und Mäuse aus beiden Behandlungsgruppen zusammen. Die gemeinsame Haltung führt dazu, dass sie dem Darmmikrobiom der anderen ausgesetzt sind.
PCOS-Mäuse, die mit Placebo-behandelten Mäusen lebten, hatten im Vergleich zu PCOS-Mäusen, die zusammen gehalten wurden, wesentlich verbesserte Testosteronspiegel, normalisierte Zyklen und einen nomraleren Eisprung, berichteten die Forscher. Darüber hinaus hatten PCOS-Mäuse, die mit Placebo-Mäusen untergebracht waren, ein geringeres Gewicht, niedrigere Nüchtern-Blutzucker- und Insulinspiegel und eine geringere Insulinresistenz. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Veränderung des Darmmikrobioms durch präbiotische oder probiotische Therapien eine mögliche Behandlungsoption für Frauen mit PCOS sein könnte.