Eine In-Vitro-Befruchtung wird als wissenschaftliches Wunder betrachtet, das Paaren, die bisher Probleme hatten, schwanger zu werden, eine „zweite Chance“ bietet. Bis jetzt wusste man allerdings noch kaum etwas über die möglichen Auswirkungen auf den Nachwuchs. Eine Studie stellte vor kurzem fest, dass Männer, die mithilfe einer häufig angewandten Methode der In-Vitro-Befruchtung, auch Intrazytoplasmatische Spermieninjektion oder ICSI genannt, gezeugt wurden, möglicherweise selber einmal mit Fruchtbarkeitsproblemen zu kämpfen haben. So wiesen männliche Probanden, die mithilfe dieser Technik entstanden waren, eine geringere Spermienzahl und somit größere Zeugungsschwierigkeiten auf, als jene Teilnehmer, die natürlich gezeugt worden waren.
Die Studie wurde an der Vrije Universität Brüssel am Zentrum für Reproduktionsmedizin durchgeführt. Sie bezog sich speziell auf eine Gruppe von 54 Männern zwischen 18 und 22 Jahren und somit auf einige der ersten Kinder, die mit dieser Methode enstanden waren. Im Vergleich zur Spermienanzahl der Kontrollgruppe, die aus natürlich gezeugten Männern bestand, wiesen ICSI-Männer eine wesentlich geringere Spermienanzahl, durchschnittliche Spermienkonzentrationen und geringere frei bewegliche (aktive) Spermienzahlen auf. Die Ergebnisse wurden verschiedenen Faktoren wie Alter und Körpergewicht angepasst.
Was ist eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion?
Diese Technik wurde Anfang der 90er-Jahre entwickelt und sollte es Paaren ermöglichen, trotz einer geringen Spermienanzahl des Mannes, schwanger zu werden. Bei einer ICSI werden männliche Spermien entnommen, um die gesündesten in die Eizelle der Frau zu injizieren und die Eizelle anschließend in die Gebärmutter einzusetzen.
Durch die Auswahl der besten verfügbaren Spermien, wird die Eizelle in jedem Fall befruchtet, anstatt diesen Prozess dem Zufall zu überlassen.
Bevor es diese Mehtode gab, konnten Paare, die aufgrund einer geringen Spermienzahl kinderlos blieben, nur durch eine In-Vitro-Befruchtung mit Spendersamen eine Empfängnis erzielen.
Fruchtbarkeitsprobleme
Die Ergebnisse der Studie scheinen darauf hinzudeuten, dass dieses Verfahren dazu führen kann, dass der männliche Nachkomme die Fruchtbarkeitsprobleme des Vaters erbt. Da diese häufig weitergegeben werden, waren Forscher und Autoren nicht wirklich über dieses Ergebnis überrascht.
Auch wenn die Studie wohl keinen Einfluss auf ICSI-Behandlungen haben wird, erhoffen sich die Wissenschaftler jedoch, dass Ärzte und Fruchtbarkeitsexperten werdende Eltern über die potentiellen Probleme aufklären, die sich für ihre Söhne später ergeben könnten.
So könnten etwa Paare, die befürchten, dass der potentielle Vater seine Beeinträchtigung möglicherweise vererbt, alternative In-Vitro-Befruchtungsmethoden mithilfe eines Samenspenders erwägen.
Die guten Nachrichten
Auch wenn diese neue Studie all jene, die eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion in Betracht ziehen, ernüchtern mag, betonen die Forscher, dass die Methode nicht automatisch auf mögliche Fruchtbarkeitsprobleme des männlichen Nachwuchses schließen lasse.
Die Ergebnisse zeigen, dass Männer, die mithilfe einer ICSI gezeugt wurden, möglicherweise selbst auf natürliche Weise Kinder zeugen können. Daher raten Fruchtbarkeitsexperten Betroffenen, den Kinderwunsch schon in jungen Jahren zu realisieren, denn die Fertilität sinkt bekanntlich mit dem Alter.
Männer sollten nicht zwangsläufig davon ausgehen, dass eine natürliche Zeugung umöglich für sie ist. Spezialisten raten, es zunächst einige Jahre auf normalem Wege zu versuchen, bevor medizinische Hilfe in Anspruch genommen wird.