Empfängnis mit medizinischer Hilfe
Es heißt, dass die Menschheit wohl aussterben würde, wenn die Sexualität von Männern derart komplex wäre, wie jene von Frauen. In Bezug auf die Fortpflanzung scheint der Beitrag der Frau aber erstaunlich einfach zu sein, da sich alle ihre Eizellen schon vor der Geburt in ihrem Körper befinden. Zu Beginn jedes Zyklus sind zwischen 30 und 40 Eizellen bereit, aber nur eine wird heranreifen. Im Gegensatz dazu, werden männliche Spermazellen in verschiedenen Schritten, alle zehn bis zwölf Wochen, neu gebildet.
In Fällen von Unfruchtbarkeit, wenn medizinische Unterstützung notwendig wird, zielen derartige Maßnahmen insbesondere auf Frauen ab. In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrauterine Insemination (IUI) sind jene Behandlungsmethoden, die am häufigsten in Fruchtbarkeitsklinken auf der ganzen Welt eingesetzt werden. Diese Therapien können mehrere Jahre dauern, und die notwendigen Hormonspritzen zu Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme, Ödemen und sogar zu einem erhöhten Herzinfarktrisiko führen. Zusätzlich dazu, ist die Entnahme von Eizellen mit Verletzungs- und Infektionsrisiken verbunden.
Die Rolle des Reproduktionsmediziners
Wenn Sie unter Fortpflanzungsproblemen leiden, werden Sie nach den ersten Gesprächen mit Ihrem Gynäkologen womöglich zu einem Reproduktionsmediziner verwiesen, der sich auf Unfruchtbarkeit und etwaige Behandlungsmöglichkeiten spezialisiert hat. Inzwischen steht eine ganze Reihe von Testverfahren zur Verfügung, wie z.B. die Chromosomenuntersuchung, oder die Diagnostik von erblichen Erkrankungen.
Bei Männern zeigt beispielsweise der Azoospermiefaktor an, ob die Produktion von reifem Sperma erwartet werden kann. Andrologen sind Urologen, die sich auf die Behandlung männlicher Unfruchtbarkeit spezialisiert haben. Diese analysieren u.a. die Eigenschaften der männlichen Spermien. Dazu wird häufig eine Hodenbiopsie vorgenommen, um aus dem Hodengewebe Samenzellen zu gewinnen. Anschließend werden die Spermien untersucht, um festzustellen, ob eine Schwangerschaft ohne künstliche Befruchtung möglich ist, und falls nicht, welche Behandlung in Betracht gezogen werden sollte. Außerdem können Andrologen Paaren helfen, die aufgrund vorzeitiger Ejakulation oder anderer medizinischer Probleme nicht miteinander intim werden können.
Solange der Mann zwar über genügend gesundes, bewegliches, aber vermindert lebensfähiges Sperma verfügt, kann eine der kostengünstigsten Fruchtbarkeitsbehandlungen angestrebt werden: die intrauterine Insemination, IUI.
Was ist eine intrauterine Insemination?
Während einer IUI werden aufbereitete Samenzellen etwa zum Zeitpunkt des Eisprungs in die Gebärmutter geleitet, um sie näher an das Ei zu bringen. Diese Art von künstlicher Befruchtung funktioniert, indem Sperma ,,gewaschen“ und konzentriert wird, um die Erfolgschancen zu erhöhen. Dieses wird dann kurz vor dem Eisprung direkt in die Gebärmutter gespritzt.
Für wen ist eine intrauterine Insemination geeignet?
Obwohl die intrauterine Insemination in vielen Fällen eingesetzt wird, wird sie speziell in einigen bestimmten Situationen empfohlen. Die IUI stellt häufig den ersten Versuch einer künstlichen Befruchtung dar, wenn der Mann nur über eine geringe Spermienanzahl verfügt. Sie wird üblicherweise auch dann angewandt, wenn die Frau eine Samenspende benötigt oder sie nicht dazu in der Lage ist, Geschlechtsverkehr zu praktizieren. Männer mit HIV können die intrauterine Insemination ebenfalls nutzen, um die Wahrscheinlichkeit zu reduzieren, die Erkrankung an ihre Partnerin und das Kind weiterzugeben.
Wie läuft dieser Vorgang ab?
Der erste Schritt im Rahmen einer intrauterinen Insemination besteht darin, sicherzustellen, dass die Gebärmutter und die Eileiter voll funktionsfähig sind. Danach wird ein Tag bestimmt, an dem das Verfahren stattfindet. Wenn die Frau Fruchtbarkeitsmedikamente einnimmt, findet die intrauterine Insemination 36-40 Stunden, nachdem der Ultraschall anzeigt, dass ein Ei reif ist und freigesetzt werden kann, statt. Ansonsten wird sie innerhalb des Fruchtbarkeitsfensters im weiblichen Ovulationszyklus durchgeführt. Der Mann stellt eine Spermaprobe zur Verfügung, die gewaschen wird, um überschüssige Flüssigkeit und langsame Spermien zu beseitigen. Die Spermien werden anschließend mit einem flexiblen Katheter über den Gebärmutterhals direkt in die Gebärmutter eingespritzt.
Gibt es Risiken bei der intrauterinen Insemination?
Die intrauterine Insemination ist sehr sicher, es gibt nur wenige ernsthafte Komplikationen. Ein paar Probleme könnten jedoch auftreten. Während des Vorgangs können manche Frauen eine Infektion bekommen, dieses Risiko trittt aber nur bei weniger als einem Prozent auf. Das Prozedere läuft meist schmerzfrei ab, es können jedoch in manchen Fällen Krämpfe oder Schmierblutungen entstehen. Wenn die intrauterine Insemination mit Fruchtbarkeitsmedikamenten kombiniert wird, steigen die Chancen auf eine Mehrlingschwangerschaft in hohem Maße.
Wie erfolgreich ist eine intrauterine Insemination?
Die intrauterine Insemination ist oft erfolgreich. Bei Frauen, die sich einer IUI unterzogen, liegt der Prozentsatz jener, die erfolgreich Kinder zur Welt brachten, bei 15,8 Prozent, wenn die Frau jünger als 35 ist; in der Altersklasse zwischen 35 und 39 liegt dieser Prozentsatz bei immerhin 11 Prozent. Frauen, die zwischen 40 und 42 sind, haben eine Erfolgsrate von 4,7 Prozent und jene in der Altersklasse zwischen 43 und 44, haben eine Chance von 1,2 Prozent. Ärzte empfehlen üblicherweise drei bis sechs IUI-Versuche, bevor andere Fruchtbarkeitsbehandlungen in Betracht gezogen werden.
DIE ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion) ist jenes Verfahren der künstlichen Befruchtung, das am häufigsten eingesetzt wird. Es bietet Männern, die mit erheblichen Fertilitätsproblemen kämpfen, die Möglichkeit, den Traum vom eigenen Nachwuchs zu realisieren.
Wann wird eine ICSI durchgeführt?
Das Verfahren wird angewendet, wenn der Mann über eine schlechte Spermienqualität verfügt. Zu den möglichen Gründen, warum keine Empfängnis eintritt, zählen:
- Eine geringe Anzahl von Spermien
- Eingeschränkte Beweglichkeit der Spermien
- Fehlgebildete Spermien
- Obstruktive Azoospermie (ein Verschluss der Samenwege verhindert, dass Spermien in die Samenflüssigkeit gelangen)
- Spermien-Antikörper im Ejakulat
- Erkrankungen, wie z.B. Krebs, aufgrunddessen nur tiefgefrorene Spermien vorhanden sind
Vorbereitungsmaßnahmen bei einer ICSI
Vor der ICSI werden die Eizellen der Frau hormonell stimuliert, damit mehrere befruchtungsfähige Eizellen zur Verfügung stehen. Dabei werden bestimmte Mengen der Hormone FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) täglich subkutan gespritzt. Die Injektionen können von der Frau oder ihrem Partner selbst vorgenommen werden. Mithilfe von Ultraschalluntersuchungen wird kontrolliert, ob die Eibläschen eine entsprechende Größe erreicht haben. Ist dies der Fall, wird das Hormon HcG verabreicht, um den Eisprung auszulösen. 36 Stunden danach erfolgt eine transvaginale Entnahme der Eizellen.
Die Gewinnung der Spermien kann entweder durch Masturbation oder mithilfe einer Operation erfolgen. Letztere ist etwa bei einer Obstruktiven Azoospermie angezeigt. Zudem besteht die Möglichkeit, Samenzellen direkt aus den Nebenhoden zu entnehmen (MESA, Mikrochirurgische Epididymale Spermienaspiration). Die Masturbation findet am Tag, an dem die Eizellen entnommen werden, statt, nachdem zwei bis drei Tage kein Samenerguss erfolgte.
Spermieninjektion
Die entnommenen Eizellen und Spermien werden im Labor miteinander verschmolzen. Der Vorgang der Befruchtung wird unter einem speziellen Mikroskop nachgeahmt. Mithilfe einer Mikropipette wird das Spermium direkt in das Innere der Eizelle eingebracht. Am Tag darauf wird kontrolliert, wie viele der Eizellen befruchtet werden konnten.
Embroytransfer
Der Embroytransfer findet etwa zwei bis fünf Tage nach der Befruchtung statt. Dabei werden zwei bis fünf Embryos (nur die qualitativ besten Embryos werden verwendet) mithilfe eines Katheters in den Uterus eingesetzt. Stehen mehrere Embryos zur Verfügung, können jene, die nicht für den Transfer benötigt werden, später tiefgefroren werden. Das Verfahren dauert nur einige Minuten und erfolgt ambulant.
Risiken
In ca. einem Prozent der Fälle kann es aufgrund der Hormonbehandlung zu einer ovariellen Überstimulation kommen. Zu den Symptomen zählen Wasseransammlungen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Atembeschwerden. Das Risiko ist für jüngere und übergewichtige Frauen sowie für jene mit PCOS am größten. Außerdem erhöht sich die Chance auf eine Mehrlingsschwangerschaft. Aus diesem Grund dürfen pro Behandlung nur drei Embryonen verwendet werden.
Erfolgschancen
Pro Zyklus ergeben sich bei einer ICSI Schwangerschaftschancen von 15 bis 20 Prozent, ähnlich wie bei einer IVF. Der Vorteil bei diesem Verfahren besteht darin, dass das Spermium direkt in die Eizelle injiziert wird, während die Befruchtung bei einer IVF im Reagenzglas stattfindet. Verschiedene Faktoren wie das Alter, Grunderkrankungen und der persönliche Lebensstil spielen eine maßgebliche Rolle für den Erfolg. Zudem steigen die Chancen einer Empfängnis mit der Anzahl der Versuche.
Komplizierter als eine IUI und wegen der längeren Hormonbehandlung für die Frau belastender, ist eine Befruchtung außerhalb des weiblichen Körpers: Die In-vitro-Fertilisation (IVF, nach vitro, lateinisch: Glas).
Was passiert bei der In-vitro-Fertilisation?
Mithilfe einer IVF wird erst die Tätigkeit der Eierstöcke unterdrückt, danach die Reifung von etwa 15 Eizellen gefördert.
Die Frau spritzt sich mehrere Tage lang das Follikelstimulierende Hormon in den Bauchbereich unter die Haut. Im geeigneten Moment wird gezielt durch ein Schwangerschaftshormon (humanes Choriongonadotropin, hCG) die Ovulation ausgelöst. Danach wird durch die Vagina mit Schallkopf und Punktionsnadel das Follikelmaterial gewonnen. Zur Befruchtung der Eizellen wird Sperma bereitgestellt, meist aus dem Ejakulat, gelegentlich durch eine Hodenbiopsie oder mittels Operationsmikroskop aus dem Nebenhoden. In einem Reagenzglas findet dank natürlicher Selektion der beweglichsten Samenzellen in 50 bis 70 Prozent der Fälle eine Befruchtung statt.
Mehrere Techniken
Bei der In-vitro-Fertilisation kommen unterschiedliche Unterstützungstechniken zum Einsatz: Etwa mittels Pipette (intrazytoplasmatischen Spermieninjektion, ICSI) oder unter dem Mikroskop (Intrazytoplasmische Morphologisch Selektierte Spermien Injektion, IMSI). Vor dem 35. Lebensjahr der Frau werden optimalerweise – um Mehrlingsschwangerschaften und entsprechende Risiken zu vermeiden – insgesamt nur zwei Verschmelzungen (Embryonen) einer weiblichen und männlichen Geschlechtszelle nach kurzem Brutkastenufenthalt am zweiten oder fünften Tag in die Gebärmutter eingepflanzt. Überzählige Eizellen können unter strengen juristischen Bedingungen theoretisch in flüssigem Stickstoff tiefgefroren konserviert werden. Vierzehn Tage nach der Entnahme der Follikelflüssigkeit aus der Gebärmutter mit anschließender Befuchtung liefert ein Schwangerschaftstest bereits eine sichere Aussage. Ein positives Ergebnis ist nur ein erster Schritt. Die Unsicherheit bleibt groß.
Rechtliches
Mehr als 200.000 IVF-Babys werden weltweit jedes Jahr geboren. In Österreich finanziert der IVF-Fond seit 1. Januar 2000 unter bestimmten Voraussetzungen 70 Prozent der Kosten für Fruchtbarkeitsbehandlungen, bei einer IVF werden jedoch nur vier Versuche übernommen; in Deutschland trägt die gesetzliche Krankenversicherung 50 Prozent der Kosten für maximal drei IVF-Zyklen.
Bevor Sie sich entscheiden, medizinische Hilfe anzunehmen, gibt es einige allgemeine Bedenken zu berücksichtigen. Viele Paare sind genau an dem Punkt angelangt, wo Sie sich gerade befinden, und nicht alle sind erfolgreich bei der Familienplanung. Es ist wichtig, die physischen, emotionalen und finanziellen Belastungen eines Paares zu verstehen, die medizinische Verfahren wie In-Vitro Fertilization (IVF) und Intrauterine Insemination (IUI) mit sich bringen können.
Depressionen
Nur etwa vier von zehn IVF-Schwangerschaften gehen erfolgreich zu Ende, eine Statistik, die besonders mit dem Alter der Frau und den damit verbundenen rechtlichen Bedingungen zusammenhängt. Trotz der mentalen und emotionalen Belastung, durchlaufen Paare oft wiederholende Verfahren. Wenn die Chance, ein Kind zu bekommen, etwas, das in solch greifbarer Nähe liegt, nicht zustande kommt, kann es in extremen Fällen zu Depressionen oder einem Auseinanderbrechen der Beziehung kommen.
Ethische Fragen
„Die Tatsachen des Lebens“ wurden weltweit drastisch von der Reproduktionsmedizin revolutioniert. In extremen Fällen ermöglicht IVF theoretisch eine Elterngenerationsgemeinschaft von bis zu fünf Menschen: einem Samenspender, der Eizellenspenderin (in Deutschland nicht erlaubt), einer Leihmutter (in Deutschland und Österreich sowie in vielen anderen europäischen Ländern verboten), die das Kind für seine sozialen Eltern zur Welt bringt und die Vater und Mutter in den Augen des Gesetzes werden. Im Jahr 2008, 30 Jahre nach der Geburt des ersten Retortenbabys Louise Joy Brown am 27. Juli 1978, und nach mehr als weiteren fünf Millionen Reagenzglas-Mädchen und -Jungen wurde ein umfassender Arbeitskreis an der Humboldt Universität in Berlin abgehalten, der sich mit dem Thema der ethischen Fragen und Rechtsfragen befasste. Im Dreieck zwischen Samenspender, künftigen Eltern und dem Kind stellt sich die Situation, eine Befruchtung durch einen anonymen Spender vorzunehmen, nicht ganz problemlos dar. Wenn der Ehemann oder Partner der Mutter die Vaterschaft anerkennt, wird das mit fremden Spermien gezeugte Kind als sein legitimer Nachfolger bestimmt.
In den USA haben weder der Samenspender, noch das Kind, das aus der Samenspende entstanden ist, irgendwelche Rechte, Verpflichtungen oder Rechtsschutzinteressen zueinander, noch sind die gesetzlichen Eltern rechtlich verpflichtet, das Kind über seine Zeugung mithilfe eines Samenspender aufzuklären. Im Prinzip müsste der Spender eigentlich verpflichtet sein, Unterhalt für den Nachwuchs zu zahlen und das Kind das Recht haben, von ihm zu erben. Stattdessen wird durch einen Vertrag festgelegt, dass die sozialen (oder gesetzlichen) Eltern diese Anforderungen zu leisten haben. Es ist wahrscheinlich, dass Hunderttausende von späteren Generationen durch den Beitrag von fremdem Sperma gezeugt werden und Schätzungen zufolge, werden nur sehr wenige von ihnen diese Wahrheit jemals erfahren. Die Mehrheit der Psychologen betrachtet diese Tatsache mit Skepsis, da jedes Kind das Recht haben sollte, bezüglich seiner Herkunft aufgeklärt zu werden.
Medizinische Risken
Wie bei allen medizinischen Eingriffen, birgt auch die künstliche Befruchtung einige Risiken. Da bei diesen Verfahren verstärkt Hormone eingesetzt werden, werden die Gefäße durchlässiger und es entstehen vermehrte Wasseransammlungen im Bauch und Gewebe. Zudem können Funktionsstörungen der Nieren und Atemnot auftreten. Wenn mehr als ein Embryo ausgetragen wird, sind die Risiken für Thrombose und Krämpfe groß. Dies kommt zusätzlich zu den psychischen Belastungen hinzu, die aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit entstehen, dass diese Kinder ein gewisses Mindestgewicht nicht erreichen, das für eine gute körperliche und geistige Gesundheit notwendig ist.
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