Ein neues, auf künstlicher Intelligenz basierendes System kann den chromosomalen Status von in-vitro-befruchteten (IVF) Embryonen anhand von Zeitraffervideobildern der Embryonen und des Alters der Mutter genau bestimmen, so eine Studie von Forschern der Weill Cornell Medicine. Das neue System namens „BELA“, das in einem Artikel in Nature Communications beschrieben wird, ist die neueste KI-basierte Plattform des Teams zur Beurteilung, ob ein Embryo eine normale (euploide) oder abnormale (aneuploide) Chromosomenzahl aufweist – ein entscheidender Faktor für den Erfolg der IVF.
Es bietet somit ein objektives, verallgemeinerbares Maß und könnte, wenn sich sein Nutzen in klinischen Studien bestätigt, eines Tages in Embryologiekliniken weit verbreitet eingesetzt werden, um die Effizienz des IVF-Prozesses zu verbessern.„Dies ist ein vollautomatischer und objektiverer Ansatz im Vergleich zu früheren Ansätzen, und die größere Menge an Bilddaten, die er verwendet, kann eine größere Vorhersagekraft erzeugen“, sagte der leitende Autor der Studie, Dr. Iman Hajirasouliha, außerordentlicher Professor für Physiologie und Biophysik und Mitglied des Englander Institute for Precision Medicine an der Weill Cornell Medicine.
Neues Modell zur Einschätzung der Embryoqualität
Embryologen beurteilen die Qualität eines IVF-Embryos in der Regel, indem sie ihn unter dem Mikroskop untersuchen. Wenn er relativ normal aussieht, aber Gründe für die Vermutung möglicher Probleme vorliegen, wie z. B. bei fortgeschrittenem Alter der Mutter, können sie seinen Chromosomenstatus direkter testen. Der „Goldstandard“-Test ist ein etwas riskantes, biopsieähnliches Verfahren, das als Präimplantationsdiagnostik (PGT) bezeichnet wird. In den letzten Jahren haben sich Embryologen mit Computer-/KI-Experten zusammengetan, um Wege zu finden, einige dieser Arbeitsabläufe zu automatisieren und die Ergebnisse zu verbessern. In einer Studie aus dem Jahr 2022 entwickelten Dr. Hajirasouliha und Kollegen ein KI-basiertes System namens STORK-A, das anhand eines einzigen mikroskopischen Bildes eines Embryos sowie des mütterlichen Alters und der Bewertung durch Embryologen den Ploidiestatus des Embryos mit einer Genauigkeit von etwa 70 Prozent vorhersagen kann. Die Forscher entwickelten BELA, um unabhängig von den Einschätzungen der Embryologen eine genaue Ploidievorhersage zu erstellen. Das Herzstück des Systems ist ein maschinelles Lernmodell, das neun Zeitraffervideobilder eines Embryos unter einem Mikroskop in einem Schlüsselintervall etwa fünf Tage nach der Befruchtung analysiert, um einen Embryo-Qualitätswert zu generieren. Das System verwendet dann diesen Wert und das Alter der Mutter, um eine Euploidie oder Aneuploidie vorherzusagen.
Die Forscher trainierten das Modell anhand eines anonymisierten Datensatzes des Weill Cornell Medicine CRM mit Bildsequenzen von fast 2.000 Embryonen und ihrem mittels PGT-A getesteten Ploidiestatus. Anschließend testeten sie das Modell anhand neuer CRM-Datensätze des Weill Cornell Medicine und solcher von separaten, großen IVF-Kliniken in Florida und Spanien. Sie stellten fest, dass das Modell den Ploidiestatus mit einer etwas höheren Genauigkeit als frühere Versionen vorhersagte und für die externen und internen Datensätze gut funktionierte. Der nächste Schritt, so die Forscher, bestehe darin, die Vorhersagekraft von BELA prospektiv in einer randomisierten, kontrollierten klinischen Studie zu testen, die sie derzeit planen.
Die Tatsache, dass BELA so konzipiert ist, dass es eine große Menge an Bilddaten für jeden Embryo verarbeiten kann, lässt die Forscher außerdem vermuten, dass es für mehr als nur die Ploidievorhersage eingesetzt werden könnte. Sie hoffen, dass dieses Modell auch für die allgemeine Einschätzung der Embryoqualität, die Vorhersage des Embryoentwicklungsstadiums und andere Funktionen nützlich sein könnte, die eine embryologische Klinik auf ihre eigenen Bedürfnisse zuschneiden könnte.