Unfruchtbarkeit betrifft schätzungsweise 8 bis 12 Prozent aller Paare weltweit, wobei Männer laut veröffentlichten Studien in etwa der Hälfte aller Fälle ein primärer oder beitragender Faktor sind. Die Ursachen für männliche Unfruchtbarkeit sind vielfältig, aber etwa 25 Prozent betreffen entweder Transportstörungen der Spermien oder idiopathische Faktoren in Spermien ohne offensichtliche Dysfunktion. Mediziner suchen weiterhin nach Wegen, um Paaren mit Empfängnisproblemen zu helfen, den Traum von eigenen Nachwuchs zu realisieren. Im Rahmen ihrer Forschungen haben Wissenschaftler unter Leitung der University of Sheffield ein neues Protein entdeckt, das die Verschmelzung von Spermien mit einer Eizelle unterstützt.
Spezielles Protein, das als MAIA bekannt ist, fördert die Befruchtung
Das neue Protein mit dem Namen MAIA nach der griechischen Göttin der Mutterschaft könnte entscheidend dazu beitragen, dass Ärzte einige Aspekte der Unfruchtbarkeit besser verstehen und neuartige Behandlungen entwickeln. In der ersten Studie dieser Art stellte das internationale Forscherteam unter der Leitung der University of Sheffield künstliche Eier aus Tausenden von Perlen her. Jede dieser Kügelchen hatte auf ihrer Oberfläche ein anderes Proteinstück, das als Peptid bekannt ist, damit sich Spermien daran binden können.
Als Spermien mit den Kügelchen inkubiert wurden, stellten die Wissenschaftler fest, dass nur an einer kleinen Anzahl von Kügelchen Spermien hafteten. Nach mehreren mühsamen Runden des Entfernens aller Kügelchen, an denen kein Sperma gebunden war, blieben den Forschern schließlich Kügelchen, die einem bestimmten Protein – MAIA – entsprechen, und Spermien, die an all diese Kügelchen gebunden sind. Das Gen, das MAIA entspricht, wurde dann in menschliche Kulturzellen eingefügt, und diese wurden genau so für Spermien empfänglich, wie es während des natürlichen Befruchtungsprozesses der Fall wäre. Diese Ergebnisse zeigen, dass MAIA während des Prozesses dafür verantwortlich ist, Spermien zur Befruchtung in die Eizelle zu ziehen. Dies könnte dabei helfen, die Theorie zu bestätigen, dass einige Spermien möglicherweise nicht mit einigen Eizellen kompatibel sind, und zu neuen Therapieformen im Kampf gegen Unfruchtbarkeit führen.
Prozesse, die für eine erfolgreiche Befruchtung essentiell sind
Spermien können eine Eizelle nicht von Anfang an befruchten. Es handelt sich um eine Fähigkeit, die erst nach der Befruchtung während der Passage durch den weiblichen Fortpflanzungstrakt erworben wird und zwei aufeinanderfolgende, zeitkritische Prozesse erfordert, um den Spermien die physikalischen und biochemischen Eigenschaften zu verleihen, die für die Erfüllung ihrer grundlegenden Aufgabe erforderlich sind.
Der erste Prozess wird als Kapazitation bezeichnet. Dabei handelt es sich um den physiologische Reifungsprozess der Samenzellen im weiblichen Genitaltrakt, ohne dem eine Befruchtung der Eizelle nicht möglich ist. Dieser Prozess verändert die Physiologie jedes Spermiums, indem er die Membran des Kopfes verändert, um ihm zu helfen, in die harte, äußere Schicht eines Eies – die Zona pellucida – einzudringen, und um eine größere Beweglichkeit zu erzeugen.
Der zweite Prozess ist die Akrosomreaktion (AR), eine chemische Aktion, bei der Enzyme im Kopf der Spermien freigesetzt werden, die das Eindringen in die Zona pellucida weiter fördern. Akrosomreaktion ist der Teilschritt der Zeugung, der es dem Spermium ermöglicht, zur Plasmamembran der Eizelle vorzudringen. Beide Prozesse sind für eine erfolgreiche Befruchtung einer Eizelle unerlässlich, auch der Zeitfaktor ist wichtig. Tatsächlich wurde eine vorzeitige AR mit idiopathischer männlicher Unfruchtbarkeit in Verbindung gebracht.
Signalmolekül spielt wichtige Rolle für die männliche Fertilität, da es beide Prozesse abstimmt
In einem neuen Artikel, der in der Zeitschrift eLife veröffentlicht wurde, beschreibt ein Team von Forschern der University of California San Diego School of Medicine, wie GIV/Girdin, ein allgegenwärtiges Signalmolekül, eine entscheidende Rolle bei der männlichen Fruchtbarkeit spielt, indem es Kapazitation und AR genau abstimmt, um die Spermienbeweglichkeit und das Überleben der Spermien zu fördern und den Befruchtungserfolg zu garantieren. Insbesondere fand das Forschungsteam heraus, dass GIV – ein Mitglied der G-Proteinfamilie, das als molekularer Schalter in Zellen dient, die Signale übertragen und feinabstimmen, die Aktivität von Enzymen reguliert, die die Prozesse der Kapazitation und AR ein- und ausschalten. Niedrige GIV-Transkriptspiegel bei Männern sind unweigerlich mit Infertilität verbunden. Infolgedessen spielt GIV eine wesentliche Rolle für die männlichen Fruchtbarkeit und eine erfolgreiche Zeugung.
Die Rolle von NELL2
Neu produzierte Spermien im Hoden haben keine Befruchtungsfähigkeit, werden aber voll funktionsfähig, wenn sie im Nebenhoden reifen. Die Entwicklung des Nebenhodens selbst ist abhängig von testikulären Faktoren, die über den luminalen Fluss ankommen. Es wird angenommen, dass eine fehlerhafte Signalübertragung zwischen Hoden und Nebenhoden zu männlicher Unfruchtbarkeit führt. Wissenschaftler habein NELL2 als testikuläres luminales Protein indentifiziert, das an seinen Rezeptor ROS1 auf der Oberfläche der luminalen Nebenhoden bindet und eine Nebenhodendifferenzierung induziert. Der differenzierte Nebenhoden wiederum sondert eine für die Fruchtbarkeit essentielle Protease, Ovochymase-2, ab, um die Spermien vollständig reif und funktionsfähig zu machen. Fehlt dieses wichtige Protein, ist die Spermienmotilität beeinträchtigt, wodurch eine Zeugung nicht möglich ist.