Es gibt zahlreiche Faktoren, die eine Befruchtung erschweren oder ganz unmöglich machen. In vielen Fällen liegt die Ursache beim Mann. Einer der wichtigsten Parameter für eine erfolgreiche Zeugung ist eine gute Beweglichkeit der männlichen Spermien. Ein negativer Lebensstil, Erkrankungen, die Einnahme bestimmter Medikamente, Stress sowie ein höheres Alter können die Qualität der männlichen Spermien beeinträchtigen.
Tatsächlich kann auch das Spermien-Mikrobiom Faktoren wie die Spermienbeweglichkeit beeinflussen. Laut Forschern der Abteilung für Urologie an der UCLA könnte die Mikrobiota der Spermien eine entscheidende Rolle bei der Beeinflussung der Spermienparameter und der Verbesserung der männlichen Fruchtbarkeit spielen.
Wie bestimmte Mikroben die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen
In Anbetracht der jüngsten Studien, die die Bedeutung des Mikrobioms für die menschliche Gesundheit insgesamt hervorheben, untersuchten die Forscher das Spermienmikrobiom, um seine möglichen Auswirkungen auf die männliche Fruchtbarkeit zu verstehen.
Die Studie ergab, dass vor allem eine Mikrobe, Lactobacillus iners, einen direkten negativen Einfluss auf die männliche Fruchtbarkeit haben könnte. Die Forscher fanden heraus, dass Männer, die mehr von dieser Mikrobe aufwiesen, eher Probleme mit der Spermienmotilität hatten. Frühere Untersuchungen ergaben, dass Lactobacillus iners (ein grampositives, stäbchenförmiges Bakterium) bevorzugt L-Milchsäure produzieren kann, was lokal zu einem entzündungsfördernden Milieu führen kann, das sich negativ auf die Spermienmotilität auswirken könnte. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass es bereits Forschungsarbeiten gibt, die einen Zusammenhang zwischen dieser Mikrobe und der Fruchtbarkeit andeuten, aber der Großteil der Literatur bezieht sich auf das vaginale Mikrobiom und weibliche Faktoren. Dies ist die erste Studie, die einen negativen Zusammenhang zwischen der Mikrobe und männlicher Fruchtbarkeit aufzeigt.
Die Forscher entdeckten auch, dass drei Bakterientypen der Pseudomonas-Gruppe sowohl bei Patienten mit normalen als auch mit abnormalen Spermakonzentrationen vorhanden waren. Die Mikroben Pseudomonas fluorescens und Pseudomonas stutzeri waren bei Patienten mit abnormalen Spermienkonzentrationen häufiger anzutreffen, während Pseudomonas putida bei Proben mit abnormalen Spermienkonzentrationen weniger häufig vorkam. Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass nicht jedes Mitglied derselben eng verwandten Gruppe die Fruchtbarkeit auf die gleiche Weise positiv oder negativ beeinflussen kann. Mit anderen Worten: Selbst eng verwandte Mikroben stehen nicht immer in der gleichen direkten Beziehung zur Fruchtbarkeit.
Diese Forschung deckt sich mit Erkenntnissen aus kleineren Studien und wird den Weg für künftige, umfassendere Untersuchungen ebnen, um die komplexe Beziehung zwischen Samenmikrobiom und Unfruchtbarkeit zu entschlüsseln. Die Erforschung der Funktionen von Mikroorganismen im Sperma kann möglicherweise den Weg für die Entwicklung von Behandlungen ebnen, die auf die Behebung von Problemen mit den Spermienparametern abzielen.
CatSper-Mangel verhindert eine erfolgreiche Zeugung
Bei etwa der Hälfte allerPaare, die kein Kind zeugen können, ist die Unfruchtbarkeit auf den Mann zurückzuführen. Eine neue Studie identifiziert die fehlerhafte Funktion von „CatSper“, einem Ionenkanal, der den Kalziumspiegel in den Spermien steuert, als eine häufige Ursache für scheinbar unerklärliche Unfruchtbarkeit beim Mann. Menschliche Spermien mit CatSper-Mangel können die Eizelle nicht befruchten, weil sie deren Schutzhülle nicht durchdringen können. Bislang war diese Spermienkanalopathie nicht nachweisbar. Wissenschaftler aus Münster haben die Rolle von CatSper bei Unfruchtbarkeit mit Hilfe eines neuartigen Labortests entschlüsselt, der die betroffenen Männer identifiziert. Die Ergebnisse der Studie, die in der Fachzeitschrift The Journal of Clinical Investigation veröffentlicht wurde, könnten die Diagnostik und Betreuung unfruchtbarer Paare verbessern.
Einem von sechs Paaren gelingt es nicht, ein Kind zu bekommen. Die zugrunde liegende Ursache bleibt oft ungeklärt. Bei etwa einem Drittel der unfruchtbaren Paare ergibt die Spermienanalyse des Mannes keine Auffälligkeiten in Bezug auf Anzahl, Beweglichkeit oder Morphologie der Spermien. Dies stellt ein Problem dar: Das Fehlen einer eindeutigen Diagnose verhindert eine evidenzbasierte Auswahl einer Therapieoption. Infolgedessen erleben betroffene Paare häufig erfolglose Behandlungen.
Wie kommt es, dass Männer trotz normaler Spermienparameter kein Kind zeugen können? Dieser Frage ist ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern der Universität Münster in Deutschland auf den Grund gegangen. Vor einigen Jahren wiesen Strünker und Kollegen nach, dass Spermien CatSper als Sensor nutzen, um von der Eizelle freigesetzte Botenmoleküle zu erkennen. Diese Moleküle aktivieren CatSper, was zu einem Einstrom von Kalzium in die Geißel führt, und deren Schlagmuster verändert.
Um zu untersuchen, ob dies für die Befruchtung unerlässlich ist, entwickelten die Forscher einen einfachen Labortest, mit dem sie die Aktivität von CatSper in Spermien von fast 2300 Männern bestimmen konnten. Dabei zeigte sich, dass etwa einer von hundert unfruchtbaren Männern mit unauffälligen Spermaparametern tatsächlich einen Verlust der CatSper-Funktion aufweist. Die häufigste Ursache sind genetische Varianten in Genen, die für eine der Komponenten von CatSper kodieren.
Spermien benötigen die durch CatSper vermittelten Veränderungen im Geißelschlag, um die Schutzhülle der Eizelle zu durchbrechen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie: Zur CatSper-bedingten männlichen Unfruchtbarkeit gehört auch das Versagen der medizinisch unterstützten Fortpflanzung durch intrauterine Insemination, bei der Spermien über einen Katheter unmittelbar vor dem Eisprung in die Gebärmutter eingebracht werden, oder der klassischen In-vitro-Fertilisation (Befruchtung in der Petrischale). Dies ist nicht verwunderlich, da bei diesen Behandlungen die Spermien die Eihülle durchbrechen müssen. Betroffene Männer/Paare konnten nur mithilfe der ICSI-Methode, bei der eine Samenzelle manuell in die Eizelle injiziert wird, ein Kind zeugen.
Die Rolle von Proteinen bei männlicher Unfruchtbarkeit
Dank dieses umfassenden Forschungsvorhabens konnten die Experten diese Kanalopathie nun identifizieren und diagnostizieren, was eine evidenzbasierte Behandlung der betroffenen Paare ermöglicht. Damit kann das medizinische Risiko für die Paare minimiert und die Erfolgschancen maximiert werden. Die Funktion der Spermien wird nicht nur durch CatSper, sondern auch durch verschiedene andere Proteine gesteuert. Diese stehen ebenfalls im Fokus der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Klinischen Forschergruppe (CRU326) „Männliche Keimzellen“, die den kooperativen Rahmen für die aktuelle Studie bildete. Das übergeordnete Ziel der Münsteraner Forscher ist es, die Rolle dieser Proteine bei der (Un-)Fruchtbarkeit systematisch aufzuklären, um die Diagnostik und Betreuung betroffener Paare zu verbessern.