Unter Refertilisierung versteht man die Wiederherstellung der Fruchtbarkeit nach einer Sterilisation. In einigen Fällen kann es vorkommen, dass Männer und Frauen, die sich einst für den Schritt entschieden, diesen mittlerweile bereuen und die Sterilisation rückgängig machen wollen. Vor allem ein neuer Partner oder andere Lebensumstände können dafür verantwortlich sein.
Sterilisation versus Vasektomie
Bei der Sterilisation (Tubensterilisation) werden die Eileiter der Frau zumeist operativ entweder mithilfe einer Bauchspiegelung (Laparoskopie) oder Laparotomie (Bauchschnitt) und unter Vollnarkose durchgetrennt oder verschlossen. Beim Mann wird eine Vasektomie vorgenommen, bei der die Samenleiter unterbrochen werden. Dafür stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Im Gegensatz zur Sterilisation der Frau, ist der Eingriff beim Mann weniger kompliziert und erfordert lediglich eine lokale bzw. örtliche Betäubung. Mit einem Pearl-Index, der zwischen 0,2 und 0,3 liegt, haben Sterilisation und Vasektomie eine sehr hohe Sicherheit.
Refertilisierung der Frau
Bei einer Refertilisierung, die mithilfe eines Bauchschnitts oder einer Bauchspiegelung erfolgt, werden die getrennten Enden der Eileiter wieder miteinander verbunden. Der Eingriff wird unter einem speziellen Mikroskop und von einem erfahrenen Operateur durchgeführt. Je nach Operationsmethode, kann das Prozedere zwischen einer und drei Stunden dauern und erfordert eine Vollnarkose. Neben dem Wunsch, die Sterilisation wieder rückgängig zu machen, zählen verschlossene Eileiter aufgrund von Entzündungen oder Endometriose zu den weiteren Gründen für die Refertilisierung. Ob die OP erfolgversprechend ist, hängt vom Zustand der Eileiter ab.
Refertilisierung des Mannes
Beim Mann hat die Refertilisierung das Ziel, die durchtrennten Samenleiter wieder miteinander zu verbinden, damit zeugungsfähige Spermien zurück in die Samenflüssigkeit gelangen können. Der Eingriff erfolgt in der Regel unter Vollnarkose oder ambulant unter lokaler Anästhesie mithilfe eines speziellen Mikroskops. Dabei stehen zwei unterschiedliche Methoden zur Verfügung.
Wenn noch genügend befruchtungsfähige Spermien existieren, kommt die am häufigsten durchgeführte Refertilisierungs-OP, die Vasovasostomie (direktes Verbinden der Samenleiter) infrage. Andernfalls kann die technisch anspruchsvolle Tubulorvasoktomie (dabei wird das obere Ende des Samenleiters direkt mit einem Nebenhoden-Kanälchen verbunden) in Betracht gezogen werden. Ob das jeweilige Prozedere erfolgreich war, zeigen Samenanalysen nach dem Eingriff, die in regelmäßigen Abständen erfolgen.
Studien belegen den Erfolg einer Refertilisierung
Die bisher umfangreichste Studie zur mikrochirurgischen Refertilisierung nach einer Vasektomie, die über 9 Jahre an 1469 Patienten durchgeführt wurde, ergab, dass von 1247 Männern, die sich erstmalig einer Refertilisierung unterzogen hatten, Spermien in den Samen von 865 aus 1012 Männern (86 Prozent) vorhanden waren, bei denen postoperative Samenanalysen vorgenommen wurden. Eine Schwangerschaft kam bei 421 von 810 Paaren (52 Prozent) zustande. Die Durchgängigkeitsrate (Rückkehr der Spermien zurück in die Samenflüssigkeit) und Schwangerschaft variierte und war abhängig vom Intervall der Vasektomie bis zur Refertilisierung. Wenn das Intervall kürzer war als 3 Jahre, betrug die Durchgängigkeit 97 Prozent und die Schwangerschafsrate 76 Prozent, zwischen 3 und 8 Jahren 88 und 53 Prozent, zwischen 9 und 14 Jahren: 79 und 44 Prozent und bei 15 Jahren oder länger 71 und 30 Prozent.
Um die Erfolgschancen nach einer Sterilisation zu beleuchten, wurde die größte Studie vom amerikanischen Chapel Hill Tubal Reversal Center mit 9935 Frauen im Zeitraum zwischen 2001 und 2012 durchgeführt, die sich dort einer Refertilisierung unterzogen. Das Alter der Patientinnen lag zwischen 20 und 51 Jahren, wobei sich bei jüngeren Frauen ein größerer Erfolg zeigte (die Schwangerschaftsrate bei den unter 30-jährigen lag bei 81 Prozent), jene über 40 hatten eine Erfolgsquote in Höhe von 34 Prozent. Der Erfolg korrelierte zudem mit der Operationsmethode. So zeigten sich die besten Schwangerschaftsergebnisse nach einer Clip- (78 Prozent)- oder Ring- (76 Prozent)-Sterilisation. Auch die Länge der gesunden Eileiter nach der Umkehrung spielt eine Rolle.
Je länger die Eileiter: desto höher die Schwangerschafts-Erfolgsquote. Die durchschnittliche Länge der Eileiter vor einer Sterilisation beträgt etwa 10 cm. Bei 83 Prozent der Frauen mit einer Eileiterlänge von 7,5 cm oder länger stellte sich eine Empfängnis ein. Auch wenn diese Ergebnisse mit früheren Studien übereinstimmen, wurden sogar Frauen mit den kürzesten Eileitern (weniger als 2,5 cm) schwanger.
Refertilisierung oder künstliche Befruchtung?
Die Refertilisierung des Mannes hat gegenüber einer künstlichen Befruchtung mehrere Vorteile: Eine Schwangerschaft wird auf natürlichem Wege sichergestellt und die Partnerin wird keinem unnötigen Risiko ausgesetzt, da sie keine wochenlange Behandlung mit Hormonen oder einen zusätzlichen Eingriff benötigt. Auch die Chance auf Mehrlings- und Risikoschwangerschaften sind bei der Refertilisierung deutlich geringer. Zudem liefert die Refertilisierung gegenüber artifiziellen reproduktionsmedizinischen Technologien wie einer ICSI oder IVF bessere Ergebnisse, was die Schwangerschaftsraten betrifft. Ein weiterer wichtiger Faktor stellen die Kosten dar. Diese sind bei der künstlichen Befruchtung deutlich höher.