Es ist kein Geheimnis, dass die weibliche Fruchtbarkeit mit den Jahren immer mehr abnimmt. Vor allem bei Frauen im Alter von Mitte 30, reduziert sich die Fertilität dramatisch. So hat eine Frau, die das 30. Lebensjahr bereits erreicht hat, Monat für Monat nur eine etwa 20-prozentige Wahrscheinlichkeit, schwanger zu werden; wenn das 40. Lebensjahr erreicht wird, sinkt diese Chance auf fünf Prozent!
Grund genug also, den Wunsch nach einem Kind, in jungen Jahren zu realisieren, am besten in den 20ern, in denen die Fruchtbarkeit am höchsten ist. Unsere heutige moderne Lebensplanung steht jedoch oft im Widerspruch dazu. Frauen investieren längere Zeit in ihre Ausbildung, wollen Karriere machen und das Leben genießen, bevor Sie an Nachwuchs denken. Auch der passende Partner steht oft nicht zur richtigen Zeit parat. Wenn der Zeitpunkt dann endlich stimmt, könnte es bereits zu spät sein.
Warum nimmt die weibliche Fruchtbarkeit ab?
Leider büßen weibliche Eizellen mit dem Alter an Qualität ein. Mädchen werden mit einem bestimmten Vorrat an Eizellen (rund eine Million Keimzellen) geboren, die im Laufe der Jahre aufgrund von Radioaktivität und anderen giftigen Einflüssen wie z.B. Alkohol und Tabakkonsum abnehmen. Mit fortschreitendem Alter erleiden die Eizellen immer mehr Schäden, weswegen eine Zeugung schwieriger wird, und Gendefekte beim ungeborenen Kind auftreten können. Hier kann das Einfrieren von Eizellen hilfreich sein.
Social Freezing und wie dieses Verfahren abläuft
Das Einfrieren von Eizellen wurde ursprünglich bei Krebspatientinnen vorgenommen, um die Zellen vor den Schäden durch Chemo-Therapien zu schützen, und Frauen doch noch die Möglichkeit zu geben, später Nachwuchs zu bekommen. Mittlerweile wird das Verfahren auch bei gesunden Frauen angewandt, die sich länger Zeit für die Familienplanung lassen. Aus diesem Grund spricht man beim Einfrieren von Eizellen auch von Social Freezing, da keine medizinischen Gründe für die Kryokonservierung vorliegen.
Ähnlich wie bei der künstlichen Befruchtung, werden Frauen vor der Entnahme Hormonspritzen verabreicht, um die Eizellenreifung zu stimulieren. Das ist vor allem deshalb wichtig, damit mehrere Eizellen entstehen und nicht nur eine einzige pro Zyklus. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sollte man – um eine realistische Schwangerschaftschance zu haben – mindestens 10, im besten Fall sogar 15 Eizellen, entnehmen. Die Entnahme erfolgt mithilfe einer Nadel über die Vagina und in der Regel unter Narkose. Anschließend werden die Eizellen tiefgekühlt und in Stickstoff bei minus 196 Grad so lange aufbewahrt, bis die Frau bereit ist, diese befruchten und in die Gebärmutter einsetzen zu lassen. Dabei können Eizellen Jahrzehnte lang gelagert werden.
Social Freezing wird immer beliebter
In den Vereinigten Staaten ist das Einfrieren von Eizellen mittlerweile gesellschaftlich etabliert. Kurios: Junge Frauen bekommen „Social Freezing“ von Ihren Eltern zum Hochschulabschluss geschenkt. Außerdem gibt es inzwischen sogenannte „egg-freezing-parties“, ähnlich wie Tupper-ware-partys, wo Frauen in gemütlicher Atmosphäre mehr über diese Methode erfahren. Damit nicht genug: Namhafte Konzerne bezahlen ihren Angestelltinnen bis zu 200.000 Dollar (16 000 Euro), wenn diese sich dazu entschließen, ihre Eizellen einfrieren zu lassen. Sogar die Eisschrankgebühren sollen übernommen werden, denn das Eifrieren verschlingt Kosten in Höhe von rund 10.000 Dollar. Damit wollen Unternehmen vor allem verhindern, dass Frauen im fruchtbaren Alter schwanger werden und als wertvolle Arbeitskraft verloren gehen.
Auch in Deutschland wird das Verfahren immer beliebter, wenn auch in weit kleineren Dimensionen: Reproduktionsmediziner schätzen, dass etwa 500 Frauen jährlich ihre Eizellen einfrieren lassen, ein Trend, der in den nächsten Jahren weiter steigen könnte. Laut dem Reproduktionsmediziner und Frauenarzt Michael von Wolff, ist der Großteil der Frauen, die sich für Social Freezing entscheiden, zwischen 35 und 40 Jahre alt und ohne Partner. In Österreich ist Social Freezing bislang verboten. Eizellen dürfen nur eingefroren werden, wenn medizinische Gründe vorliegen, z.B. bei einer Chemotherapie.
Komplikationen beim Social Freezing
Laut dem Reproduktionsmediziner Michael von Wolff ist das medizinische Risiko für die Frau nur gering. Als mögliche Komplikationen könnten Blutungen oder Infektionen entstehen. Wird jedoch eine intensivere hormonelle Stimulation durchgeführt, um möglichst viele Eizellen zu gewinnen, können Nebenwirkungen wie Wassereinlagerungen, Kopf-und Bauchschmerzen auftreten, in schlimmen Fällen sogar ein ovarielles Hyperstimulationssyndrom, bei dem die Ovarien stark vergrößert sind, und das mit Übelkeit und Bauchschwellungen sowie einem erhöhten Thromboserisko einhergeht.
Je älter die Frau ist, desto schwieriger ist es zudem, genügend Eizellen zu gewinnen, weswegen die Zahl der erforderlichen Behandlungszyklen steigt, und gleichzeitig auch die Risiken und Kosten. Schwerwiegende Komplikationen sind dennoch eher selten. Laut einer Studie lagen diese bei 900 Zyklen nur bei 0,7 Prozent.
Weitere Risiken, die sich beim Social Freezing ergeben könnten:
Viele Frauen lassen ihre Eizellen erst mit Mitte, Ende 30 einfrieren, in Zeiten, in denen die Eizellen nicht mehr in einem optimalen Zustand sind. Außerdem können sich schwerwiegende Schwangerschaftskomplikationen wie Bluthochdruck, Diabetes und möglicherweise auch Frühgeburten ergeben, wenn die befruchteten Eizellen erst mit 40 oder noch später eingesetzt werden.
Ethnische Regelungen
Da Eizellen im Prinzip ewig eingefroren und dann befruchtet werden können, stellt sich die Frage, wie lange eine Eizelle verwendet werden darf. Da es noch keine eindeutige Rechtslage gibt, wird von den Landesregierungen in Deutschland häufig vorgeschrieben, dass Eizellen nur höchstens 25 Jahre aufbewahrt werden dürfen. Auch das Alter der Frau spielt eine Rolle. Viele Zentren, insbesondere Spanien, erlauben eine Oozytenspende nur bis zum 50. Lebensjahr, in anderen Ländern gibt es keine Altersgrenzen.
Kosten:
Wer sich für „Social Freezing“ entscheidet, muss mit hohen Kosten rechnen. Laut Experten fallen für diese Prozedur mindestens 2000 Euro an. Darin enthalten sind die Kosten für die Stimulation der Eizellen, die Entnahme und das Einfrieren. Rund 300 Euro müsste man zudem für die Lagerung der Eizellen pro Jahr kalkulieren. Ein Hamburger Zentrum nennt wiederum Preise , die zwischen 3000 und 3500 Euro liegen. Je nachdem, wie lange die Eizellen aufbewahrt werden, können die Kosten stark variieren.
Erfolgschancen:
Die Erfolgschancen auf eine Schwangerschaft bei eingefrorenen Eizellen hängen vom Alter der Frau ab. Laut dem Gynäkologen und Reproduktionsmediziner in Bern, Michael von Wolff, liegt das ideale Alter bei 35 Jahren. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen australischer Reproduktionsmediziner, die eine Studie zu Social Freezing machten. Demnach sei diese Methode für Frauen in den 20er Jahren oder mit Anfang 30 sehr gut geeignet. Erfolgt die Eizellen-Entnahme in diesem Alter, überleben fast alle Eizellen nach dem Einfrieren und Auftauen (80-90 Prozent), von diesen können 50 bis 70 Prozent normal befruchtet werden.
Das bedeutet, dass bei 10 eingefrorenen Eizellen, drei oder vier Embryonen von guter Qualität sind, und erfolgreich eingepflanzt werden können. Doch auch hier gehen die Meinungen auseinander. Ute Czeromin, Reproduktionsmedizinerin und Vorstandsvorsitzende des Deutschen IFV-Registers ist der Ansicht, dass man Eizellen noch vor dem 30. Lebensjahr einfrieren lassen sollte, da jüngere Frauen die größten Erfolgschancen hätten nach dem Einpflanzen schwanger zu werden, bei älteren wiederum müssten viel mehr Eizellen entnommen werden, um eine Schwangerschaft zu erreichen.
Social Freezing : ein Ausblick
Auch wenn Social Freezing eine Möglichkeit ist, eine Schwangerschaft zu einem späteren Zeitpunkt zu realisieren, ist dieses Verfahren in den meisten Ländern noch nicht zur Routine geworden. Schließlich ist diese Methode mit hohem Aufwand verbunden, und die Erfolgschancen sind nach wie vor nicht sehr hoch. Diese werden auf 30 bis 40 Prozent geschätzt, allerdings ist die Zahl der Kinder, die durch Social Freezing geboren wurden, noch nicht groß genug, um gesicherte Erkenntnisse liefern zu können.
Selbst wenn sich die Medizin weiter entwickelt und es heute erfolgversprechende Möglichkeiten gibt, eine Schwangerschaft zu erreichen; auch die Fruchtbarkeit der Frau hat ein natürliches Ablaufdatum.